Hitler wollte im "Land der Wunder" eine Autobahn bauen

28.8.2010, 17:00 Uhr
Hitler wollte im

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Das Kersbacher Kreuz in Forchheim galt als Drehscheibe. Von dort aus wollte man eine Fernstraße über Pinzberg, Gosberg, Wiesenthau und Kirchehrenbach in die Fränkische Schweiz hinein führen. Das erinnert an die geplante Forchheimer Ostumfahrung der B470 heute,deren Trasse Pinzberg-Gosberg-Wiesenthau offenbar auf alten Ideen fußt.

In einem Wanderbuch aus den 30er Jahren aus der Druckerei Streit in Forchheim entdeckten nun der Gößweinsteiner Regionalkantor Georg Schäffner und Reinhard Brendel, Wegewart des Verkehrsvereins im Wallfahrtsort, die über 70 Jahre alten Autobahn-Pläne.

Vorbei an der Basilika

Mit gelindem Entsetzen konnten die Naturfreunde dort lesen: "...läuft die Trasse am Fuße der Ehrenbürg (vorbei) und von da zwischen Pretzfeld und Hagenbach, nördlich von Lützelsdorf und Wannbach gegen das Tal von Urspring. Sie überquert dabei auf einem niederen Damm mit Überbrückung die Trubach und steigt dann oberhalb (von) Urspring hinauf auf die Hochfläche von Wichsenstein; zwischen Altenthal und Ühleinshof hindurch passiert sie den 587 Meter hohen, wegen seinem Fernblick bekannten Wichsenstein.

In östlicher Richtung zieht nun die Reichsautobahn weiter, nördlich von Hartenreuth und Etzdorf vorbei gegen Gößweinstein, dessen Burg und Wallfahrtskirche den Reisenden grüßen. Etwa 600 Meter südlich von Gößweinstein durchbricht sie die Waldabteilung Haide, überquert bei Bösenbirkig die Straße Gößweinstein-Pottenstein und wendet sich dann bei der Kreuzkapelle dem Städtchen Pottenstein zu. Außerhalb (von) Pottenstein überschreitet sie auf einer 300 Meter und 80 Meter hohen, dem Landschaftscharakter angepassten Brücke die Püttlach. 

Diese Brücke wird nicht nur der bedeutendste Kunstbau der ganzen Strecke, sondern auch ein landschaftlicher Glanzpunkt allerersten Ranges sein, denn sie vermittelt dem Fahrer einen unvergesslich schönen Blick auf Stadt und Burg Pottenstein und das felsgeschmückte Püttlachtal. Nach Überschreitung der alten Hochstraße verläuft die Trasse nun gegen Haselbrunn und Hohenmirsberg; sie zieht ganz nahe an der wegen ihrer herrlichen Rundsicht bekannten Hohenmirsberger Platte (615 m) vorbei, wo in Bälde...der Adolf-Hitler-Turm errichtet wird. Zwischen Trockau und Poppendorf, also zwischen dem obersten Püttlachtal und dem Ahorntal läuft die Reichsautobahn nunmehr durch den Lindenhardter Forst nach Mutmannsreuth, um über Haag am Sophienberg vorbei Bayreuth zu erreichen. Bei Pottenstein mündet die östliche Hauptverkehrslinie ein..."

Warum der Generalinspekteur für das deutsche Straßenwesen, Fritz Todt, auf die Fränkische-Schweiz-Trasse, die für den Nürnberger NS-Oberbürgermeister Willi Liebel "die interessanteste Strecke" war, verzichtete und stattdessen am 1. September 1937 lieber die Trasse der heutigen A9 von Trockau über Plech und Lauf bis nach Feucht für den Verkehr freigab, erklärte der Bayreuther Autor Peter Norden mit Problemen in Forchheim. Dort sollte die aus der Fränkischen Schweiz kommende Reichsautobahn auf den Ludwig-Main-Donau-Kanal gelegt werden. Das aber hätte "den gesamten Kanal lahmgelegt".

Kritiker scheuten offenes Wort

Reinhard Brendel stieß bei Recherchen aber noch auf einen anderen Grund. Das "gewaltige Püttlach-Viadukt" bei Pottenstein sei ein wunder Punkt gewesen. Die Nazis wollten, sei ihm gesagt worden, "keine Brücken haben, die im Kriegsfall leicht zerstört werden können". Für Brendel ist es ein Rätsel, warum man nach dem Krieg in Gößweinstein "nie über die Pläne von 1933 geredet" hat. Die Gemeinde, die vom Fremdenverkehr lebt, hätte sich doch den Urlaubern nicht mehr als Wanderparadies anbieten können, sofern stinkende und lärmende Autolawinen an der Basilika vorbeigerauscht wären, meint Brendel. Er könne sich allerdings vorstellen, dass es Kritiker des Straßenprojekts gab. In Nazideutschland wäre es ihnen aber bestimmt schlecht ergangen, hätten sie "offen über diese Autobahn und ihre schädliche Wirkung diskutiert".

Im "Wiesentboten", dem Ebermannstädter Lokalblatt, wurde am 23. Juni 1934 auch über eine Alternativ-Trasse berichtet, die abseits der Täler über die Lange Meile geführt werden sollte. Vorbei an Eschlipp, Kalteneggolsfeld, Oberngrub, Teuchatz, Lindach, Herzogenreuth und Ludwag wäre die Autobahn in Kulmbach im Maintal gelandet. Nicht nur der Nürnberger OB Liebel tönte von einer "neuen Zukunft" für die "einzigartige romantische Landschaft und Sehenswürdigkeit Süddeutschlands". A

uch der Journalist August Sieghardt, dessen Wanderstudien die Großstädter zu Tausenden in die Fränkische Schweiz lockten, war als "Gutachter" für die Stadt Nürnberg ein begeisterter Prophet dieses "genialen Straßenbaus". Dieser werde dem "modernen Verkehr" ebenso gerecht wie "den Ansprüchen des Heimatschutzes". Sieghardt, der heute noch in der Region hoch verehrt wird, wollte "die landschaftlichen schönen Punkte durch die Reichsautobahn erschließen". Und nannte als Bewunderer seiner Idee auch "unseren großen Führer"Adolf Hitler, der "dieses Land der tausend Wunder in sein Herz geschlossen" habe.