In Generationen denken, nicht nur bis Quartalsende

24.1.2011, 07:15 Uhr
In Generationen denken,  nicht nur bis Quartalsende

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„Es besteht ein enormer Bedarf, sich in Netzwerken auszutauschen“, sagt Herbert Winter, der dem Nürnberger Regionalkreis des Veranstalters „Die Familienunternehmer – ASU“ vorsitzt. Etwa 5000 der rund 180000 familiengeführten Firmen in Deutschland gehören dem Verband an. Sie repräsentieren ein Umsatzvolumen von 300 Milliarden Euro. Die NZ sprach mit Patrick Adenauer, Präsident von „Die Familienunternehmer – ASU“.

NZ: Herr Adenauer, Ihr Verband nennt sich „die starke Stimme des Unternehmertums“. Wie beurteilen Sie die Lage der Familienunternehmen nach der Finanzkrise?

Adenauer: Ohne unsere vor allem von eigentümergeführten Unternehmen geprägte Wirtschaftsstruktur wäre unser Land lange nicht so gut aus dem tiefen Tal gekommen. Wir sind nicht wie Briten oder Amerikaner fast allein auf die Finanzbranche gestützt, die uns durch ihre verantwortungslosen Fehlspekulationen in eine schlimme Krise getrieben hat. Nach unserer Verbandsumfrage erwarten über 70 Prozent der befragten Familienunternehmer für 2011 eine positive Geschäftsentwicklung, 40 Prozent wollen auch neue Mitarbeiter einstellen. Das heißt, die meisten haben die Krise gut überwunden.

NZ: Teilen Sie die Konjunktur-Euphorie vieler Politiker?

Adenauer: Es geht sehr gut aufwärts. Das werden wir auch auf dem Unternehmer-Kongress der Familienunternehmer in Nürnberg von vielen hören. Dass einzelne Politiker aber vorgeprescht sind und pauschal deutlich höhere Löhne gefordert haben, halte ich für falsch. Viele Unternehmer haben bis vor kurzem noch Hunderttausende ihrer Mitarbeiter durch Kurzarbeit gerade noch vor der Entlassung bewahren können. Da sind große Lohnsprünge nicht überall möglich, das hängt vom Unternehmen und der Branche ab. Eine unserer größten Sorgen ist die Euro-Krise. Deshalb ist die Euphorie gebremst.

NZ: Ist die Beschaffung von Kapital im Aufschwung leichter geworden?

Adenauer: Die vielbeschworene Kreditkrise gab es zum Glück nicht. Da haben manche kräftig schwarzgemalt. Am Ende einer jeden Krise sind Kredite erst einmal teurer, aber selbst das zeigt sich in unseren Mitgliederumfragen nicht übermäßig negativ.

NZ: Was kann ein familiengeführtes Unternehmen besser als eine Kapitalgesellschaft?

Adenauer: Familienunternehmer denken langfristiger, nicht nur in Quartalen oder von Hauptversammlung zu Hauptversammlung. Viele von uns denken wirklich in Generationen, wollen das Unternehmen gesund an ihre Kinder weitergeben. Das Schlimmste ist die auf den Kapitalmärkten eingekehrte Kurzfristdenke, die sich von der Finanzbranche auf börsennotierte Unternehmen im Streubesitz ausgewirkt hat. Eine Untersuchung belegt, dass sich selbst große, börsennotierte Konzerne mit einer starken Familie als Anker-Aktionär deutlich besser entwickeln als die in Streubesitz.

NZ: Sind KarstadtQuelle oder Schaeffler nicht Negativ-Beispiele?

Adenauer: Frau Schaeffler kann es passieren, dass sie in ein oder zwei Jahren als „Turnarounderin des Jahres“ ausgezeichnet wird, wenn die Übernahme gelungen ist. Hinter der Conti-Übernahme stand ein klares unternehmerisches Konzept. Conti war ein potenzieller Übernahmekandidat. Aber sicher setzen Familienunternehmer normalerweise nicht alles auf eine Karte. Bei KarstadtQuelle sind vom Management unzählig viele Fehler gemacht worden und dann kam die prinzipielle Krise der Kaufhaus- und Versandhaus-Konzepte dazu. Bei Frau Schickedanz wird aber auch eines deutlich: wir Familienunternehmer stehen, wenn es um alles geht, auch voll im persönlichen Risiko, mit dem Unternehmen auch das gesamte Privatvermögen zu verlieren. Bei uns gilt: wer etwas riskiert, haftet dafür.

NZ: Welche Faktoren limitieren die Entwicklung der Familienunternehmen am stärksten?

Adenauer: Ich habe unsere große Sorge um den Euro genannt. Wenn wegen der Garantien des Rettungsschirms die einzelnen Schuldnerländer nicht mehr für ihre Schulden haften, dann gibt es keinen Halt mehr auf dem Weg in den Schuldenstaat. Aber Schulden kosten Wachstum, weil sie Ausgabenkürzungen nach sich ziehen, Steuern in die Höhe treiben und Nachfrage kosten.

NZ: Regional verwurzelt, international aktiv: Wie machen sich Familienunternehmen für globale Märkte fit?

Adenauer: Es gibt in Franken und Bayern mit Schaeffler, Knauf, Peri oder Kathrein beste Beispiele für dieses Motto. Kleinere gehen zuerst mit Handelsvertretungen und Servicestützpunkten ins Ausland, Ein festes Muster existiert nicht. Man muss als kleines und mittleres Unternehmen nicht gleich global auftreten. Aber die Kommunikationswege und preiswerter Transport machen heute internationale Geschäfte viel einfacher.

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