Joe Zinnbauer: Vom SK Lauf auf den Schleudersitz beim HSV

19.09.2014, 09:06 Uhr
Joe Zinnbauer: Vom SK Lauf auf den Schleudersitz beim HSV

© PZ-Archiv

­Dass der Fußball-Bundesligist Hamburger SV schon wieder einen neuen Trainer hat, sorgt mittlerweile selbst bei Sportzeitungen der Republik kaum mehr für Aufsehen. Zu häufig hat sich der Traditionsverein in den letzten Jahren von Übungsleitern getrennt, als dass ein weiterer Wechsel noch besonderes Interesse hervorrufen würde. Wieso es der neueste HSV-Trainer dennoch in den Lokalteil der Pegnitz-Zeitung schafft, liegt an der Besonderheit der Personalie für die Region.

Denn Josef „Joe“ Zinnbauer, der seit Dienstagvormittag die Geschicke des Nordklubs leitet, ist in Lauf in zweierlei Hinsicht kein Unbekannter. Der Ex-Profi, der unter anderem beim Karlsruher SC und Mainz 05 unter Vertrag stand, bevor ihn ein Knorpelschaden im Knie zum Beenden der Profikarriere zwang, begann seine Trainerlaufbahn nämlich 1995 beim damaligen Bezirksoberligisten SK Lauf.

Der Ehrenvorsitzende Manfred Alfes erinnert sich: Als in der Rückrunde Spielertrainer Alexandar Abutovic zur SpVgg Bayreuth wechselte, kam im Gegenzug der noch junge Josef „Joe“ Zinnbauer zu seiner ersten Trainerstation. „Er war sehr präzise, hat als Erster von ‚offensivem Pressing‘ gesprochen, das er auf kleinstem Feld einüben ließ. Das war damals etwas völlig Neues“, so Alfes.

Der junge Trainer ging mit viel Herzblut und offenbar auch Euphorie an seine Aufgabe heran. In der Spielzeit 1996/1997 steckte sich Zinnbauer das Ziel, mit dem SKL unter die ersten Fünf der Liga zu kommen. Am Ende reichte es für den 13. Platz. Als jedoch der SG Post/Süd Regensburg bei Zinnbauer anklopfte, zog es ihn weiter.

Zu seiner Zeit als Spielertrainer des TSV Wendelstein kehrte Zinnbauer allerdings in anderer Funktion nach Lauf zurück: Bereits als 18-Jähriger hatte er die „Unternehmensgruppe Zinnbauer“ gegründet und erwarb 2002 das Erbbaurecht für die Traditionsgaststätte Kunigundenberg mitsamt Biergarten und gestaltete sie vollständig um. Heraus kam ein Szenelokal mit Diskothek, das Zinnbauer als „bunten Hund“ in der Umgebung bekannt machte, der sich gern mit teuren Autos zeigte. Das „K3“ lockte zunächst allerlei Prominenz aus dem Fußballzirkus an, unter anderem waren die Ex-Profis Mario Basler und Michael Wiesinger sowie kicker-Chefredakteur Rainer Holzschuh zu Gast.

Bescheidene Anfänge bei der ersten Trainerstation: Zinnbauer (in der Bildmitte) beaufsichtigt das Schusstraining beim SK Lauf.

Bescheidene Anfänge bei der ersten Trainerstation: Zinnbauer (in der Bildmitte) beaufsichtigt das Schusstraining beim SK Lauf. © Foto: SKL Archiv

Bald gab es mit dem „K3“ Probleme. Die Diskothek im Keller musste nach nur wenigen Wochen aus Brandschutzgründen schließen, die erhoffte Kundschaft des „K3“ blieb langfristig aus. Zinnbauer wurde 2005 Trainer beim VfB Oldenburg und verpachtete den Gastronomiebetrieb. Doch lange hielt es keinen der Pächter auf dem Kunigundenberg. Weil die Gaststätte zeitweise leer stand und zudem Gebäudeschäden anfielen, bemühte sich die Stadt darum, den Grund zurückzuerwerben, da „die Vertragsbeziehungen nicht zu 100 Prozent erfüllt wurden“, so Elke Neidl vom Liegenschaftsamt Lauf. Im Jahr 2013 kam es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Zinnbauer und Lauf. Die beiden Parteien einigten sich letztlich darauf, dass das Erbbaurecht wieder an die Stadt abgetreten wird.

Bereits zuvor war der Landkreis auf Zinnbauer zugekommen und hatte auf dem Kunigundenberg ein Asylbewerberheim eröffnet, welches von der Firma des Trainers betreut wurde und erst vor rund einem Dreivierteljahr an ein anderes Unternehmen überging. Noch bis Ende 2015 hat der Landkreis die Räumlichkeiten angemietet.

Sportlich ging es indessen aufwärts für Zinnbauer. Vom VfB Oldenburg führte ihn der Weg über den Karlsruher SC (Co-Trainer sowie Trainer der 2. Mannschaft) zum Hamburger SV, dessen U23 er erst diesen Sommer übernahm und zu acht Pflichtspielsiegen in Folge führte. Nachdem HSV-Trainer Mirko Slomka nach schwachem Saisonbeginn entlassen wurde, beförderte der Nordklub Zinnbauer am vergangenen Dienstag zum Cheftrainer der ersten Mannschaft. Der gebürtige Schwandorfer hat sich damit einen sehr unsicheren Arbeitsplatz ausgesucht. Seit September 2013 versuchten sich vier Übungsleiter (Interimslösung Rodolfo Cardoso mitgezählt) an der Aufgabe, den Bundesliga-Dino zu betreuen.

Erst in diesem Kalenderjahr machte Zinnbauer den für die erste Liga notwendigen Fußball-Lehrer-Schein des DFB, unter anderem mit Valerien Ismael, dem Chefcoach des 1. FC Nürnberg. Dass Zinnbauer vom HSV dennoch das Vertrauen ausgesprochen bekam, liegt vermutlich an seiner akribischen Herangehensweise. Seine ehemaligen Schützlinge schwärmten in höchsten Tönen vom Arbeitsethos und den Motivationskünsten des 44-Jährigen, wie Sebastian Wolff, der HSV-Experte des kicker, im Gespräch mit der PZ sagt.

Der Trainer gilt als authentischer Typ, der mit viel Energie an seine Aufgaben herangeht. Zinnbauer wurde vom HSV ausdrücklich nicht als Interimslösung vorgestellt, und Wolff glaubt daran, dass der Bundesligaklub dem Trainer eine echte Chance gibt, sich zu beweisen.

Dieser steht von Beginn an unter Beobachtung: Am Samstag misst sich Zinnbauers HSV mit dem FC Bayern München, danach ist der Trainer im Aktuellen Sportstudio des ZDF zu Gast. Manfred Alfes vom SK Lauf wünscht Zinnbauer für seine weitere Trainerkarriere jedenfalls alles Gute. Ob der Trainer intern auch beim HSV die Tabellenplätze 1 bis 5 als Ziel ausgelobt hat, ist nicht überliefert.

Keine Kommentare