Kardinal und Vertuscher

8.5.2012, 21:26 Uhr
Kardinal und Vertuscher

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Kardinal Sean Brady hat sich nun öffentlich entschuldigt, dass er als junger Priester in den 1970er Jahren den massiven Kindsmissbrauch durch Amtsbrüder vertuscht hat. Ungeachtet dessen steht das Oberhaupt der katholischen Kirche Irlands weiter unter starkem Druck, von seinem Amt zurückzutreten. Dies forderten nun die drei größten Parteien der Republik Irland und der stellvertretende Ministerpräsident Nordirlands, Martin Mac Guinness.

Der 72-jährige Primas hat sich in ein Exerzitien-Zentrum zurückgezogen, wo er die Reaktion des Vatikans abwartet. Er erklärte, dass seine Zukunft als Oberhirte Irlands von der Entscheidung des Papstes abhängt. Nun wird erwartet, dass der Vatikan bald einen Administrator einsetzen wird, um die Nachfolge des umstrittenen Kardinals zu regeln.

Sean Brady protokollierte 1975 als Sekretär des Bischofs von Kilmore die Aussagen des damals 14-jährigen Brendan Boland vor einer Kirchen- Kommission. Der junge Messdiener hatte Brady anvertraut, dass er jahrelang von dem notorischen Priester Brendan Smyth geschändet wurde. Er nannte auch die Namen von fünf anderen Opfern. Allerdings gaben weder Brady noch seine Vorgesetzten diese Informationen an die Polizei weiter. Smyth wurde lediglich von seinem Amt als Gemeindepfarrer entfernt und konnte danach sein Unwesen weiter treiben. Erst 1994 wurde der Priester dank der von der irischen Regierung angeordneten Untersuchungen des weit verbreiteten Kindsmissbrauchs in der katholischen Kirche verurteilt.

In einer Dokumentation der BBC warf Boland nun dem Kardinal vor, dass dessen Verhalten dazu führte, dass der pädophile Skandal in der Kirche nicht früher aufgedeckt werden konnte. Die betroffenen Kinder wurden von Brady zu strengem Stillschweigen auch gegenüber ihren Eltern ermahnt. Der Kardinal entschuldigte sich nun persönlich und öffentlich bei den Opfern für sein Fehlverhalten. "Wenn wir heute in der gleichen Situation wären, würden wir darauf bestehen, dass die Eltern und die Behörden über solche Vorfälle informiert würden", so Brady in seiner Erklärung.

Das ganze Ausmaß der Schande wurde erst 1999 enthüllt, als eine Dokumentation des irischen Fernsehens die Mauer des Schweigens durchbrach. Nach dem Sturm der öffentlichen Empörung ordnete die Regierung die Erstellung eines Reports an. Über 3000 Opfer meldeten sich bei der staatlichen Kommission, die nach neun Jahren einen erschütternden Report über die Vorfälle in katholischen Waisenhäusern, Besserungsanstalten und Armenschulen veröffentlichte. An die 500 Priester und Mönche wurden als pädophile Sexverbrecher in dem Report erwähnt.

Der katholischen Kirche wurde vorgeworfen, den "institutionalisierten Kindsmissbrauch" vertuscht und verschwiegen zu haben. Die Macht und der Einfluss des Klerus in dem einst so streng katholischen Landes sind seitdem gebrochen. Die Kirche könnte erneut stark erschüttert werden, falls Brady tatsächlich aus seinem Amt entfernt wird. Oder doch noch aus eigenem Antrieb zurücktritt.

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