Leitartikel: Thema verfehlt

18.2.2018, 20:21 Uhr

Und wenn man die Debatten ansieht, die diesmal die Tage füllten, bleibt nur ein Fazit: Es gab mehrere Themaverfehlungen. Vieles war nach hinten gerichtet, nicht nach vorne. In dieser Form hat sich die Konferenz überlebt.

Nur ein Beispiel: Die westlichen Staaten registrieren besorgt, wie kräftig China seine Streitkräfte aufrüstet. Die Nato-Staaten rechtfertigen ihre Truppenstationierungen im Baltikum damit, dass Russland in der Ostukraine einen Konflikt vom Zaun gebrochen habe. Und doch sind das einseitige Blickweisen. Der starke Mann im Raum sind die USA, deren Verteidigungsetat mehr als doppelt so hoch ist wie der von Peking und Moskau zusammen. Und Trump will weiter aufrüsten, atomar wie konventionell.

Mehr Verantwortung wofür?

Diese Debatte findet in München aber kaum statt. Dort wird mehr oder weniger diplomatisch verbrämt beklagt, dass die USA als Partner derzeit ausfallen. Doch wenn das weltweit zu beobachtende Wettrüsten beklagt wird, richtet sich die Kritik stets zuerst und vor allem an die Russen und Chinesen. Und natürlich sagen die Europäer dann, es sei klar, dass sie selbst "mehr Verantwortung übernehmen" müssen – also mehr Geld für ihre Armeen ausgeben müssen.

Ähnlich hilflos und bizarr ist die Debatte über die Brandherde im Nahen und Mittleren Osten. Auf der Sicherheitskonferenz wurde von vielen Seiten die Gefahr beschworen, die von islamistischen Terrorgruppen auch für die westlichen Staaten ausgeht. Wie aber kann es dann sein, dass Saudi-Arabien weiter als Partner hofiert wird? Riad bleibt der größte Förderer fundamentalistischer Islamisten auf dem Globus. Doch niemand in München traute sich, das offen zu benennen. Das ergibt keinen Sinn.

Und dann: die Rolle der USA und ihres Präsidenten Trump. Wenn der Chef schon nicht selbst auf der Konferenz auftritt, dann war es bisher Usus, dass wenigstens der Außen- oder Verteidigungsminister auf der großen Bühne Wegweisendes von sich gibt. Nicht so diesmal. Verteidigungsminister James Mattis mied diesen Auftritt und traf sich nur im Hintergrund mit anderen Kollegen. Ebenso Trumps Sicherheitsberater H. R. McMaster. Welche Botschaft hätten beide auch verkünden können? Es gibt ja keinen konsistenten Kurs der Weltmacht USA.

Eigenartiges Bündnis

Gleichwohl, beide waren bemüht, weiter an einer Koalition gegen den Iran zu schmieden, gemeinsam mit den Saudis und Israel – welch ein eigenartiges Bündnis. Es ist offenkundig, dass die Krise rund um Syrien und den Irak nur durch Friedensgespräche entschärft werden kann, bei der alle regionalen Mächte am Tisch versammelt sind. Doch solange es den Saudis gestattet wird, den Iran auszusperren, wird es keine Lösung geben können.

Schließlich: das sich beschleunigende atomare Wettrüsten. In München wurde dies vielfach beklagt, es wurde wieder mit dem Finger gezeigt. Doch auch die Europäer haben bisher keinen Vorstoß gemacht für eine neue atomare Abrüstungsrunde. Es macht einen fassungslos.

Auch Afrika spielte erneut keine Rolle. Der ungeheure Bevölkerungszuwachs, der Flüchtlingsdruck, die Folgen für die weltweite Sicherheitslage – kein Thema. Die Vereinten Nationen, selbst der US- Geheimdienst CIA haben Flüchtlingsströme, den Klimawandel und den Kampf um Wasserressourcen als zentrale Sicherheitsfragen der Zukunft markiert. In München gab es offenbar viel Wichtigeres zu besprechen. So macht die Konferenz sich überflüssig.

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