Mintal und Co.: Die Liebe der Fußball-Migranten

10.8.2009, 00:00 Uhr
Mintal und Co.: Die Liebe der Fußball-Migranten

© Eduard Weigert

So leicht wie Marek Mintal, das begreifen die Zuhörer im südpunkt an der Pillenreuther Straße schnell, hatte es Rachid Azzouzi, der Marokkaner, nach seiner Ankunft in Franken nicht. Mintal, der Slowake, hatte «von der ersten Sekunde an gemerkt, dass Nürnberg für mich und meine Familie zur Heimat werden kann«.

Nur wenig Deutsch gesprochen

Mintal sprach bei seiner Ankunft nur wenig Deutsch, hatte aber «viele Menschen, die mir geholfen haben«. Azzouzi sprach Deutsch, als er nach Fürth kam. Vielleicht war das sein Problem. Azzouzi beherrscht den Singsang des Rheinlands, wohin seine Eltern mit dem damals zweieinhalbjährigen Rachid zogen. «Ein bisschen Zeit«, musste Azzouzi schnell erkennen, braucht es im Umgang mit den Franken: «Die sind nicht für ihre Euphorie bekannt.«

Aber sie können Euphorie entfachen, das weiß Mintal seit seinem ersten Besuch in Nürnberg, dessen Club er vorher nur aus Zusammenfassungen im Fernsehen kannte. «Das war ein bisschen wie im Gefängnis«, amüsiert der Slowake mit der Erzählung von seiner ersten Deutschland-Reise: «Raus aus dem Flugzeug, rein ins Auto, alles war dunkel.« Trainingsgelände, Stadion: Nur wenige Minuten hatte Mintal («Ich habe gar nichts erkannt, aber alles gelobt«), um sich ein Bild von seiner neuen Heimat zu machen. Beschlossen wurde der Abend in einem Nürnberger Szenelokal, in dem der Alkohol-Abstinenzler scharfe Cocktails vorgesetzt bekam - am nächsten Morgen unterschrieb Mintal seinen ersten Profi-Vertrag in Deutschland.

Heiterer Geschichtenerzähler

Das Publikum ist vergnügt von Mintal dem heiteren Geschichtenerzähler, den es sonst nur als fränkischen Dauer-Torschützenkönig kennen und lieben gelernt hat. Er sei inzwischen eher Deutscher als Marokkaner, sagt Azzouzi. In Marek Mintal vereinen sich zumindest gleichberechtigt eine fränkische und eine slowakische Seele. Mintal hat inzwischen Deutsch gelernt, Azzouzi begriffen, wie er mit den Franken umgehen muss. Akzeptiert und wohl fühlen sie sich deshalb an Pegnitz und Rednitz.

Vielleicht auch deshalb, weil sie sich in ihrer Zeit in Deutschland nie diskriminiert fühlen mussten. Die Ausnahme, sagt Azzouzi, seien Beleidigungen, die auf seine Herkunft zielen. Marek Mintal ignoriert solche Anfeindungen einfach: «Mir ist egal, was einer zu mir sagt.« Dünnhäutig, findet Azzouzi, sollte man auf dem Fußball-Platz mit seiner oft rauen Sprache nicht sein.

Lange ist er nun schon mit einer deutschen Frau verheiratet, weiß, dass da auch Unterschiede offensichtlich werden. Unterschiedliche Vorstellungen prallen da ab und an im Alltag aufeinander - und sind doch nebensächlich: «Wenn man sich liebt, spielt das keine Rolle.« Die Liebe hat ihnen auch in Deutschland oft geholfen. Die Liebe zum Spiel, die sie mit den Tausenden im Stadion verbindet.

Achtung wächst

Natürlich fällt es einem Fußball-Spieler einfacher, sich in einem fremden Land zu integrieren. Das gilt für den früh emigrierten Azzouzi («Wenn die Leute merken, dass du etwas kannst, wächst die Achtung«) genauso wie für Mintal. Man muss ja nur Tore schießen, bekommt vieles abgenommen - und verdient viel Geld.

Geld, das sie eher in ihrer Heimat zu Fremden werden ließ. Beide kommen aus Ländern, in denen der Wohlstand nicht annähernd so verbreitet ist wie in der Bundesrepublik. Und beide mussten sich schon für ihren Reichtum verantworten. «Die Menschen daheim denken, das Geld wird mir geschenkt«, sagt Mintal, der den Neid aber auch verstehen kann, wenn er arbeitslose Menschen und hungernde Kinder in seiner Heimat sieht.

Man kann viel lernen während eines solchen Fußballer-Lebens in der Fremde - wenn man es denn will. In multikulturellen Teams wächst das Verständnis füreinander. Von seinem muslimischen Mitspieler Jahwar Mnari erzählt Mintal, und von den Entbehrungen, die der Tunesier im Fastenmonat Ramadan auf sich nimmt. Mintal hat andere Mentalitäten verstehen gelernt in Nürnberg. Azzouzi auch - sogar die fränkische.