Opposition kritisiert Beauftragtenflut: teuer und unnötig

23.5.2018, 19:39 Uhr
Opposition kritisiert Beauftragtenflut: teuer und unnötig

Es hatte recht einleuchtend geklungen. Beauftragte sollen die Staatsregierung auf verschiedenen Sachgebieten beraten, ihr zuarbeiten und den Kontakt zu den Bürgern halten. So hat es Markus Söder angekündigt, als er vor bald zwei Monaten nicht nur sein 17-köpfiges Kabinett präsentierte, sondern auch seine acht Beauftragten – zu denen inzwischen ein neunter hinzugekommen ist. Inzwischen ist der Zauber verflogen, der allem Anfang innewohnt. Inzwischen hat die Opposition ein Bündel von Fragen an die Staatsregierung gerichtet, etwa nach den Kosten, der Zuständigkeit, nach dem Sinn der Beauftragten. Es hat gedauert, bis die Staatskanzlei eine Antwort hatte.

Bodenlos

Die freilich ist so ausweichend, dass den Oppositionspolitikern die Zornesader schwillt. "Die Antworten sind echt unverschämt", sagt etwa die Herzogenauracher SPD-Politikerin Alexandra Hiersemann. "Bodenlos" nennt es die Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote. Irreführend, unzureichend und desinformierend finden beide, was Staatskanzleichef Florian Herrmann ihnen mit- oder nicht mitgeteilt hat.

Opposition kritisiert Beauftragtenflut: teuer und unnötig

Fragen nach den Kosten etwa lässt Herrmann offen und verweist auf den Nachtragshaushalt, ein mehrere Tausend Seiten starkes Werk. Der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller hat das Zahlen-Konvolut durchforstet. Wenn es stimmt, was er errechnet hat, kosten die neun Beauftragten den Freistaat im Jahr mehr als vier Millionen Euro – 3000 Euro bekommt jeder von ihnen als Aufwandsentschädigung pauschal und im Monat, dazu Mitarbeiter, Büros, Dienstwagen samt Fahrer.

Viel Geld; doch Alexandra Hiersemann findet andere Aspekte bedenklicher. Nicht nur, dass Söder damit die Verfassung unterläuft, die für das Kabinett eine Obergrenze von 17 Mitgliedern festsetzt – die Beauftragten sind kurzerhand den Ministerien zugewiesen. Hiersemann sieht auch das Prinzip der Gewaltenteilung in Gefahr. Denn Söder hat die Beauftragten sämtlich aus der CSU-Fraktion berufen – jener Fraktion, die die absolute Mehrheit im Parlament stellt und die Regierung kontrollieren soll. "Söder verfälscht das politische System", warnt Hiersemann. "Er verquickt Legislative und Exekutive."

Opposition kritisiert Beauftragtenflut: teuer und unnötig

Die Freien Wähler haben bereits angekündigt, dass sie vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof klagen wollen. Auch sie hatten anfangs nur wenig Anstoß am Beauftragten-Boom genommen, sich später aber umentschieden. Auch sie nicht nur des Geldes wegen, das die Beauftragen den Steuerzahler kosten.

Die SPD-Politikerin Hiersemann legt Wert darauf, dass sie den Berufenen die Aufwandsentschädigung durchaus gönnt. Sie will keine von Sozialneid getriebene Debatte anzetteln, zumal die Beauftragten tatsächlich für ihr Geld hart arbeiten müssen, so wie es der Pflege- und Patientenbeauftragte Hermann Imhof aus Nürnberg oder der Entbürokratisierungsbeauftragte Walter Nussel aus Herzogenaurach für sich in Anspruch nehmen können.

180 Beauftragte

Bei anderen aber wird so schnell nicht klar, wofür es sie tatsächlich braucht. Warum Klaus Holetschek als Bürgerbeauftragter neuerdings neben seiner Abgeordnetentätigkeit in der Staatskanzlei ein Büro samt Mitarbeitern haben muss, fragt sich nicht nur Alexandra Hiersemann. "Bürgerbeauftragte sind schließlich wir alle, die wir im Parlament sitzen", sagt sie.

Opposition kritisiert Beauftragtenflut: teuer und unnötig

Kein Wunder also, dass die Oppositionspolitiker ganz andere Motive hinter der Beauftragtenflut vermuten. Söder, argwöhnen sie, entschädige damit jene, die er bei der Kabinettsbildung übergangen habe. Er wolle vor der Landtagswahl seine Parteifreunde befrieden und habe deshalb quasi an der Verfassung vorbei etliche Staatssekretäre light erfunden. Söder, so vermuten sie, erkauft sich auf Staatskosten parteiinternen Frieden.

Dass Florian Herrmann als Staatskanzleichef die Fragen der Opposition weitgehend unbeantwortet gelassen und sich in Ausflüchte gerettet hat, bestärkt die Opposition noch in ihrem Verdacht, dass Söder nicht sauber spielt, sondern seine Macht missbraucht. "Die CSU-Regierung mauert", sagt die Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote. "Das zeigt, dass die sogenannten Beauftragten auf wackligem Fundament stehen." Ob Propagandatruppe oder Postengeschacher – "beides ist gleichermaßen verwerflich".

Dass es auch anders geht, beweisen zwei Beauftragte, die seit vielen Jahren im Amt sind: Irmgard Badura, seit 2009 Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, inzwischen in Vollzeit, und Thomas Petri, wie Badura seit 2009 im Amt, als Datenschutzbeauftragter für Bayern unterwegs. Seinen Posten besetzt der Landtag; Petri hat wie Badura nie dem Parlament angehört. Das macht beide unabhängig. Petris Wort hat Gewicht, auch, weil er sich von keiner Partei vereinnahmen lässt. Seine neuen Kollegen im Beauftragtenkreis müssen das erst noch beweisen.

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