"Abschaltung" von YouTube: Die künstlich erzeugte Hysterie

17.11.2018, 14:05 Uhr
Die Aufregung um eine mögliche Abschaltung von YouTube ist künstlich erzeugt. (Symbolbild)

© Monika Skolimowska/ZB/dpa Die Aufregung um eine mögliche Abschaltung von YouTube ist künstlich erzeugt. (Symbolbild)

Bekannte YouTuber warnen von einer drohenden "Löschung" ihrer Kanäle oder gleich der ganzen Plattform. Schuld sei die geplante Copyright-Reform der Europäischen Union.  Und da geht es um viel Geld. 

YouTube-Chefin Susan Wojcicki hatte die Kreativen ihrer Plattform aufgerufen, "der Welt" zu erzählen, wie die Reform sie betreffen würde.  Aus Wojcickis Aussage, Artikel 13 der geplanten Reform - der umstrittene Uploadfilter-Artikel - könnte YouTube "zwingen", nur noch Inhalte "einer kleinen Anzahl großer Unternehmen zu erlauben", wurde zum Beispiel "Mein Kanal wird gelöscht! Das Ende von YouTube" oder: "Warum es YouTube nächstes Jahr nicht mehr gibt". Oder auch: "YouTube wird gelöscht"  Die Kampagnenplattform Change.org verschickt derweil Pressemitteilungen mit der Überschrift "Aufruhr im Netz: Droht die Löschung von YouTube? Ist das freie Internet in Gefahr?"

Für Aufklärung sorgt die Gema, die Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte. Das Video "Warum es YouTube nächstes Jahr nicht mehr gibt" habe viele YouTube Nutzer verunsichert, heißt es in einer Mitteilung. Laut den Machern des Videos solle angeblich die geplante europäische Reform des Urheberrechts und ganz speziell Artikel 13 dazu führen, dass beliebte Kanäle wie Bibis Beauty Palace, die Lochis oder Let’s Plays im kommenden Jahr verschwinden werden.  

Seit vielen Jahren bestehende Ungerechtigkeit

Die Urheberrechtsreform will eine seit vielen Jahren bestehende Ungerechtigkeit beenden. Außerhalb des Internets haben Urheber wirksame Mittel, um für die Nutzung ihrer Werke bezahlt zu werden, betont die Gema. Online funktioniere das bisher nur in geringem Umfang. Hier verdienen Plattformen wie YouTube oder auch Facebook an den Werken anderer. Das will die Urheberrechtsreform ändern. Sie möchte die Position der Urheber gegenüber den großen Internetkonzernen stärken.

Die EU-Kommission, die in den Verhandlungen zwischen Parlament und Mitgliedstaaten vermitteln soll, spricht von "Panik" und versucht zu beruhigen. EU-Abgeordnete verweisen darauf, dass noch gar nicht feststehe, wie Artikel 13 genau lauten wird. Selbst die schärfste Kritikerin der geplanten Reform, die EU-Parlamentarierin Julia Reda von den Piraten, sagt: "Nichts von dem, was YouTube sagt, ist falsch. Aber es ist nur die halbe Wahrheit."

Dem Vorschlag der Ratspräsidentschaft zufolge wäre YouTube von einer Haftung ausgenommen, wenn es sein bisheriges Filtermodell namens Content ID auf dem Stand der Technik hält und geschützte Inhalte, die durchrutschen, nach einer Beschwerde der Rechteinhaber schnell entfernt. Das ist nicht mehr als der heutige Status. YouTuber müssten in diesem Fall keineswegs die Löschung ihrer Kanäle fürchten.

Dazu die Gema: Artikel 13 soll die Internetkonzerne wie zum Beispiel YouTube aber auch Facebook dazu verpflichten, einen Teil der Gewinne, die sie mit urheberrechtlich geschützten Inhalten verdienen, an die Urheber zu zahlen. Ähnlich wie ein Fernsehsender jedes Mal, wenn ein Sänger in einer Sendung auftritt, dem Komponisten und demjenigen, der den Text geschrieben hat einen bestimmten Betrag zahlt, sollen das auch die Plattformen in Zukunft tun. Dabei zwinge Artikel 13 YouTube weder, Kanäle zu schließen, noch verpflichtet er die Plattform zu „Uploadfiltern“.

Eine mögliche Lösung wäre, ähnlich wie beim Fernsehen, Lizenzverträge. Denn grundsätzlich sind Urheber daran interessiert, dass ihre Werke online verfügbar sind. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Urheber entsprechend fair vergütet werden, die Inhalte legal verbreitet und damit lizenzrechtlich abgesichert sind.Allerdings ist noch völlig unklar, wie das technisch funktionieren soll. 

Der nächste Verhandlungstermin ist der 26. November. Sollte es, wie geplant, bis zum Jahresende eine Einigung geben, muss das EU-Parlament diese Anfang 2019 noch einmal mehrheitlich bestätigen.

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