Friedhöfe der Zukunft: GPS, QR-Codes und Drohnen

17.6.2018, 19:01 Uhr
Friedhöfe müssten "deutlicher herausstellen, welche Naturräume sie bieten und einen radikal ökologischen Friedhof bieten. Dieselstinkende Bagger haben dort nichts mehr verloren", sagte Reiner Sörries, Experte für Sepulkralkultur.

© oh Friedhöfe müssten "deutlicher herausstellen, welche Naturräume sie bieten und einen radikal ökologischen Friedhof bieten. Dieselstinkende Bagger haben dort nichts mehr verloren", sagte Reiner Sörries, Experte für Sepulkralkultur.

Gedenksteine im Pflasterstein oder eine Urne im Friedwald: Für die eigene Bestattung gibt es heute mehr Möglichkeiten als das klassische Familiengrab auf dem Friedhof. Friedhöfe müssten sich heute deshalb anstrengend, wenn nicht mehr so viele Grabstätten leer stehen sollen, wurde beim "Friedhofskulturkongress" am Freitag in Nürnberg deutlich.

Der Experte für Sepulkralkultur, Reiner Sörries (Kassel), schlug daher radikale Neuerungen auf Friedhöfen vor. Kostenloses WLAN und Begegnungscafès, Konzerte und Kunstausstellungen sind Sörries zufolge Möglichkeiten, Friedhöfe lebendiger und dadurch wieder attraktiver zu machen. Ihre Betreiber müssten sich auf die Digitalisierung einlassen. Der Friedhof der Zukunft sollte die Suche nach Gräbern per GPS anbieten oder könnte Drohnen einsetzen, mit denen entfernt wohnende Verwandte einen Blick auf das Grab der Großeltern werfen können, schlug Sörries vor.

Ein QR-Code auf dem Grabstein oder Videoübertragungen von Beerdigungen seien keine Zukunftsmusik mehr. Viele Menschen würden sich heute aus Kostengründen nicht mehr für ein Grab auf dem Friedhof entscheiden, stellte Sörries fest. Er rief die Friedhofsverwaltungen auf, effizienter zu arbeiten und sich zu Arbeitsgemeinschaften zusammenzuschließen. Sie sollten die Gebühren für Gräber nicht zehn Jahre im Voraus, sondern jährlich erheben, sagte der frühere Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel.

Nachhaltigkeit der Bestattung ist wichtig

Sörries warnte: Wenn ein Friedhof verpflichtet sei, wirtschaftlich zu arbeiten, dann müsse man auch mit Schließungen rechnen. Für eine Bestattung im Friedwald am Fuße von Bäumen entscheiden sich viele Menschen nach Sörries Beobachtung auch aus ökologischen Gründen: "Für mehr als die Hälfte der Menschen ist die Nachhaltigkeit der Bestattung wichtig". Friedhöfe müssten daher deutlicher herausstellen, welche Naturräume sie bieten und einen radikal ökologischen Friedhof bieten: "Dieselstinkende Bagger haben dort nichts mehr verloren", sagte Sörries.

Plastik sollte verbannt, Regenwasser gesammelt und Solaranlagen angeschafft werden. Der Friedhof sei immer schon einem Wandel unterworfen gewesen, erläuterte Sörries. Beispielsweise hätten um die Nürnberger Kirchen St. Lorenz und St. Sebald Friedhöfe vor 500 Jahren gelegen, "die vermisst heute keiner mehr". "Wir werden den Friedhof der Zukunft nicht mehr erleben", stellte der Landschaftsarchitekt Gerhard Richter fest. Der neue gewachsene Raum werde anders sein. Er werde aber "Teil des kulturellen Lebensraums sein".

Nach seiner Vorstellung könnten im Friedhof Gastronomie, Baumbestattung, Urnen und Gräber ein Nebeneinander bieten. Hierfür brauche es aber eine "Reformbewegung in der Gesellschaft - wie in der Kunst, Kultur und Architektur des Jugendstil", sagte Richter. Zum Friedhofskulturkongress, der erstmals im Rahmen der Messe Stone-Tec in Nürnberg stattfand, kamen am Freitag rund 100 Teilnehmer. Ziel des Kongresses sei es, über einen modern gestalteten Friedhof nachzudenken, sagten die Veranstalter, Alexander Hanel und Susanne Thürauf. Der Kongress fand bisher in Bad Windsheim statt.

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