Alexander Hold: "Ich will, dass das Volk entscheiden darf"

27.1.2017, 14:46 Uhr
Erst vor einigen Tagen besuchte der Bundespräsidenten-Kandidat Alexander Hold einen Landwirtschaftsbetrieb in Triesdorf bei Ansbach.

© Eduard Weigert Erst vor einigen Tagen besuchte der Bundespräsidenten-Kandidat Alexander Hold einen Landwirtschaftsbetrieb in Triesdorf bei Ansbach.

NZ: Wie ist es, für ein Amt zu kandidieren, von dem Sie wissen, dass Sie es wohl nie antreten werden?

Alexander Hold: Demokratie lebt von der Alternative, und man sollte sich für ein demokratisches Amt nicht nur bewerben, wenn sicher ist, dass man es auch bekommt. Ich finde es eher seltsam, dass die Union, die 150 Wahlleute mehr hat in der Bundesversammlung als die SPD, sich von Sigmar Gabriel seinen Kandidaten aufzwingen lässt. Und dass niemand den Mumm hat, sich auf einen Wettstreit einzulassen. Die Angst, nicht Wahlsieger zu werden, ist offenbar größer als die Lust, den Bundespräsidenten zu stellen. Ein seltsames Demokratieverständnis! Nicht Wahlsieger zu sein, ist noch lange kein Scheitern.

NZ: Sie nehmen Ihre Kandidatur sehr ernst. Welche Schwerpunkte würden Sie als Bundespräsident setzen?

Hold: Wir haben ein großes Vertrauensproblem. Viele Bürger vertrauen dem Rechtsstaat nicht mehr. Es ist Aufgabe des Bundespräsidenten, das Vertrauen in das Gemeinwesen und in unsere Errungenschaften zu stärken. Der Bundespräsident hat ja als Waffe nur das Wort. Er kann da ungeschminkt die Wahrheit sagen, wo regierende Kanzler für ihre Aussagen gesteinigt würden. Man muss den Menschen ehrlich, knapp und verständlich erklären, was politisch notwendig ist. Sie mit einer klaren Sprache zu erreichen, ist verloren gegangen.

NZ: Wie kommt Ihre Kandidatur in der Bevölkerung an?

Hold: Was ich sehr häufig höre ist: Meine Stimme haben Sie! Wenn ich dann sage, das ehrt mich, funktioniert so aber leider nicht, höre ich: Meine Stimme hätten Sie aber. Und dann werde ich gefragt: Warum dürfen wir nicht entscheiden? Das ist ein großes Thema in der Bevölkerung. Wie kann es sein, dass drei Parteivorsitzende in einem Hinterzimmer bestimmen, wer Staatsoberhaupt wird? Das Gefühl, wir werden eh nicht gefragt, trägt zu diesem Vertrauensverlust bei. Deshalb glaube ich, dass es gut wäre, wenn dies die letzte Bundesversammlung ist und wir es schaffen würden, dass das Grundgesetz geändert wird und der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt wird.

NZ: Das ist aber doch illusorisch . . .

Hold: Diskutiert wird es jedenfalls, aber die großen Parteien haben natürlich wenig Lust, eine Machtoption aufzugeben. Vielleicht nimmt die Diskussion durch meine Kandidatur wieder mehr Fahrt auf. Zwar wählt die Bundesversammlung den Präsidenten, vorentschieden haben aber Frau Merkel, Herr Seehofer und Herr Gabriel. Das tut der Demokratie auf Dauer nicht gut.

NZ: Nun könnte man ja mit einem Bundespräsidenten Alexander Hold gut leben. Was aber, wenn sich die Mehrheit für einen AfD-Kandidaten entscheiden würde?

Hold: Ich glaube, das würde nicht passieren. Natürlich franst die Parteienlandschaft an den Rändern etwas aus, jedoch haben wir einen so breiten gesellschaftlichen Konsens, dass populistische Parteien zwar ins Parlament kommen können, aber für eine Mehrheit von über 50 Prozent wird es niemals reichen. Spätestens bei einer Stichwahl haben wir so einen demokratischen Zusammenhalt, dass das nie geschehen würde. Und selbst wenn: Angesichts der Befugnisse des Bundespräsidenten besteht keine Gefahr. Er kann ja nicht den Staat aushebeln.

NZ: Wie hoch schätzen Sie Ihre Chancen ein, gegen Frank-Walter Steinmeier zu gewinnen, wenn Sie direkt gewählt werden könnten?

Hold: Immer weniger Bürger trauen dem Raumschiff Berlin. Sie haben aber zum Beruf des Richters Vertrauen und noch mehr zu einem, den man seit Jahren aus dem eigenen Wohnzimmer kennt. Und sie haben Vertrauen zur kommunalen, ehrenamtlichen Politik. Ich stehe ja nicht nur für den Fernsehjuristen, sondern bin seit Jahren Kommunalpolitiker. Gegen jemanden aus dem Berliner Establishment hätte ich also womöglich keine so schlechte Chance.

NZ: Wie war die Resonanz in der Politik auf Ihre Kandidatur?

Hold: Wohlwollend. Sie wird ernst genommen. Selbst Horst Seehofer sagte mir: Herr Hold, wenn Sie nur in der richtigen Partei wären! Ich war auch schon in Landtagen zu Gast, in denen die Freien Wähler nicht vertreten sind. Das ist ja ein gutes Zeichen, wenn man von anderen Fraktionen eingeladen wird.

NZ: Was hat der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck gut gemacht?

Hold: Er hat die richtigen Themen zur rechten Zeit angepackt. Zum Beispiel neulich, als er feststellte, dass sich die Menschen nur noch in den Echoräumen von sozialen Medien informieren und nicht mehr allumfassend. Das hat mir sehr gut gefallen.

NZ: Was war nicht so gut?

Hold: Ich weiß nicht, ob er den Normalbürger immer erreicht mit dem, was und wie er es sagt. Er ist manchmal thematisch weit weg von ihnen.

NZ: Wie sieht Ihr Leben nach dem 12. Februar aus?

Hold: Das weiß ich noch nicht. Jetzt habe ich mich ja in dieses Amt hineingedacht und werde erst einmal abwarten, wie die Wahl ausgeht.

NZ: Haben Sie weitere politische Ambitionen, etwa ein Engagement für die Freien Wähler auf Landesebene?

Hold: Ich spüre schon, dass die Menschen mir zuhören und ich vielen Menschen aus dem Herzen spreche – auch überregional. Natürlich setze ich mich auch weiterhin gern für die Freien Wähler ein, wenn meine Expertise verlangt wird. Aber ich brenne für meine Heimatstadt Kempten und fühle mich mit der Vielfalt an Aufgaben, die ich derzeit habe, ganz wohl.

NZ: Sie haben als TV-Richter mehr als 2000 fiktive Gerichtsverhandlungen geführt. Reizt Sie nicht eine Rückkehr zur echten Justiz, mit echten Fällen, in denen man echte Gerechtigkeit schaffen könnte?

Hold: Ich war zwölf Jahre lang in der echten Justiz und kann dorthin jederzeit zurückkehren. Der Unterschied ist: Als echter Richter hat man eine große Verantwortung für wenige Menschen. Und im Fernsehen habe ich eine kleine Verantwortung für sehr viele Menschen. Was ich dort mache, prägt das Rechtsverständnis und den Glauben an den Rechtsstaat von Millionen Zuschauern.

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