Bamf-Mitarbeiter kritisieren Behördenchef Weise

15.12.2015, 08:44 Uhr
Wird immer mehr durch seine Mitarbeiter kritisiert: Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise.

© Mark Johnston Wird immer mehr durch seine Mitarbeiter kritisiert: Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise.

Die Stimmung im Bundesamt sei "so schlecht wie noch nie", sagt die Gleichstellungsbeauftrage Tanja Biesen gegenüber den Nürnberger Nachrichten. Seit einiger Zeit laste auf den Entscheidern ein immenser Druck. "Um diesem standhalten zu können, braucht es eine fundierte Ausbildung und vor allem Rückendeckung der Vorgesetzten. An beidem mangelt es aktuell. Unsere Beschäftigten fühlen sich überrumpelt und im Stich gelassen."  Der Fokus liege zu stark auf dem Output, "wie dieser zustande kommt, scheint eher unwichtig".

Die Motivation der Beschäftigten leidet auch unter der andauernden öffentlichen Kritik, glaubt Biesen: "Stellen Sie sich mal vor, wie sich das anfühlt, wenn Sie nach zehn Stunden Dienst nach Hause kommen und in den Nachrichten hören, Sie müssten mehr und noch mehr arbeiten. Alle prügeln auf Sie ein und selbst Ihre 'Hausleitung' widerspricht dem eher verhalten." Zwar sei zu begrüßen, dass Amtschef Frank-Jürgen Weise "sich zunehmend auch positiv über uns äußert, aber es ist doch noch ein langer Weg".

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sei in einer "schier aussichtslosen Situation", sagte Personalrat Gernot Hüter in der jüngsten Personalversammlung Anfang Dezember, das Redemanuskript liegt den Nürnberger Nachrichten vor. Den geplanten Zweischichtbetrieb (6-14 Uhr/14-22 Uhr) sieht er kritisch: "Mitarbeiter/innen des Bundesamtes, die eh' schon häufig bis zum 'Umfallen' arbeiten, sollen nun noch mehr 'ausgepresst' werden", sagt Hüter.

"Innenministerium überrollt"

Auch das Bundesinnenministerium, dem das Bundesamt untersteht, bekommt sein Fett weg: Er haben den Eindruck, "dass das Ministerium von der momentanen Entwicklung offenbar überrascht, wenn nicht sogar überrollt“ wurde, und sich dabei die Federführung in der Asylfrage und gerade auch im Hinblick auf das Bundesamt scheinbar aus der Hand hat nehmen lassen". Hüter wandte sich vehement gegen die Reformpläne des Amtsleiters Frank-Jürgen Weise, der auch Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist, das Bamf in der Personalpolitik nach dem Vorbild der Arbeitsagentur umzugestalten: "Die BA ist die BA und das Bundesamt ist das Bundesamt - und so soll es auch bleiben."

Aus dieser Kritik ist ein Unbehagen vieler Mitarbeiter zu lesen, das seit der Berufung Weises besteht: Sie sehen seine Funktion als Leiter des Asylamts und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Arbeitsagentur argwöhnisch. Auch wenn Weise aktuell den Großteil seiner Zeit ins Bamf steckt, befürchten sie, dass er in seiner Doppelbelastung den Herausforderungen der Flüchtlingskrise nicht gerecht werden kann.

Schmidt schmerzlich vermisst

Gleichzeitig trauern manche alten Zeiten hinterher: Der Abgang des ehemaligen Bamf-Chefs Manfred Schmidts, der unter den Beschäftigten sehr beliebt gewesen sei, habe eine "tiefe Lücke" gerissen, sagte eine Mitarbeiterin  den Nürnberger Nachrichten.  Er habe gewusst, "dass das wertvollste, das er hatte, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren", ergänzt die Gleichstellungsbeauftragte Tanja Biesen. "Er wird von sehr vielen Beschäftigten schmerzlich vermisst".

Viele Mitarbeiter empfanden die massive Kritik an Schmidt, die zu seinem Rücktritt geführt hat, als ungerecht. Zumal er immer wieder Defizite in der Ausstattung des Amts angemahnt hatte - allerdings ohne große öffentliche Wirkung, der Beamte Schmidt wählte meist den internen Weg.

Frank-Jürgen Weises Art ist das nicht. Der Oberst der Reserve ist für seine deutlichen Worte bekannt, die Zustände im Bundesamt bezeichnete er medienwirksam als "nicht gut organisiert". Die Mitarbeiter fühlten sich durch solche Äußerungen angegriffen - auch ein Grund, warum sie nun öffentlich austeilen. Die Botschaft soll bei Weise angekommen sein: Er stellte sich zumindest zuletzt nach Kritik aus der Politik an der Arbeitsweise des Bamf demonstrativ vor seine Mitarbeiter. Auch Gespräche mit Personalvertretern gab es.

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