Dass es die Tafeln geben muss, ist ein Skandal

21.2.2018, 05:49 Uhr
Dass es die Tafeln geben muss, ist ein Skandal

© Stefan Sauer/Archiv (dpa)

Es ist schon bemerkenswert, dass die Zahl der Tafeln erst mit dem Inkrafttreten der Hartz-Reformen 2005 rasant stieg. Offensichtlich schafft es die Sozialhilfe nicht, die Minimalbedürfnisse der Menschen zu decken. Anders sind die immer längeren Schlangen vor den Ausgabestellen nicht zu erklären. Es muss zwar niemand verhungern, aber wenn sich Bedürftige mal ein Buch leisten oder das Kind am Schulausflug teilhaben lassen wollen, dann ist das meistens nur möglich, wenn das Geld für Lebensmittel mit dem Besuch bei der Tafel gespart wird.

Auch wenn sich die Tafel-Mitarbeiter bemühen, die Ausgabe menschenwürdig zu gestalten, bleibt es entwürdigend, auf jene Nahrungsmittel angewiesen zu sein, die der reichere Teil der Gesellschaft zuvor verschmäht hat. Der Sozialstaat, in dem jeder Bürger ein einklagbares Recht auf materielle und soziokulturelle Existenzsicherung hat, ist zum Almosenstaat verkommen.

Schlimmer noch: Die langfristige Armutsbekämpfung, die den Einzelnen befähigt, seinem Schicksal zu entfliehen, ist völlig aus dem Blick geraten. An Langzeitarbeitslose haben wir uns ebenso gewöhnt wie an Kinder, die in prekären Verhältnissen aufwachsen. Freuen wir uns also über so viel zivilgesellschaftliches Engagement bei den Tafeln - und entwickeln wir endlich Konzepte, die sie überflüssig machen.

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