Ein Gartentraum für 500 Millionen Euro

15.5.2016, 19:47 Uhr
Ein Gartentraum für 500 Millionen Euro

© Joachim Hauck

An Geld hat die Zentralregierung wirklich nicht gespart. Rund 500 Millionen Euro hat sich Ankara das Prestige-Projekt in Nürnbergs Partnerstadt kosten lassen und an allen Ecken und Enden geklotzt. 110 Hektar groß ist das Expo-Areal, zu dem ein nagelneues Kongresszentrum mit 5000 Plätzen, ein Riesenturm in Form eines Blütenkelchs, Museen, Kinderwelten, ein Amphitheater und ein künstlicher See mit hübschen Gasthäusern ringsherum gehören. Neue Straßen, Brücken und Tunnel erleichtern Besuchern der ständig vom Verkehrskollaps bedrohten Millionenmetropole den Zugang zur Expo am östlichen Stadtrand — eine fast 19 Kilometer lange Straßenbahnlinie vom Zentrum nach Antalya-Aksu, dem Standort der Gartenschau, ist in wenigen Monaten buchstäblich aus dem Boden gestampft worden und fast fertig.

Fast fertig - das gilt knapp drei Wochen nach der offiziellen Eröffnung durch Präsident Erdoğan und das halbe türkische Kabinett für viele Stationen auf der Expo. Der Riesenturm bleibt vorerst geschlossen, an manchen Stellen wird noch fleißig gebaut und gebuddelt, längst nicht alle Länder-Gärten sind schon offen.

Auch der deutsche Garten — Berlin hatte sich erst nach langem Zaudern in letzter Minute zur Teilnahme entschlossen — ist Besuchern bislang nicht zugänglich. Auf knapp 1500 Quadratmetern entsteht derzeit die Ausstellung "ZUKUNFT PFLANZEN", die das Innovationspotenzial nachwachsender Rohstoffe zum Thema hat. Vorgeführt wird, wie damit gebaut werden und wie ein nachwachsendes Büro aussehen kann, dazu gibt’s einen Kräutergarten und Anschauungsmaterial für den Gartenbau. Koordinator des deutschen Auftritts ist Konsul Martin Vetter, der sich ganz sicher ist: "Spätestens Mitte Juni wird hier alles fertig sein."

Ob das dann reicht, um bis zum Expo-Ende im Oktober die acht Millionen Gäste anzuziehen, mit denen die Gartenschau-Planer gerechnet haben, wird in türkischen Medien lebhaft bezweifelt. Touristen sind in diesem Jahr ohnehin Mangelware in Antalya, und für einheimische Besucher sind die Eintrittspreise mit umgerechnet 20 Euro für das Tagesticket viel Geld. Zeitungen schätzen, dass unter dem Strich vielleicht dreieinhalb bis vier Millionen Karten verkauft werden - viel zu wenig, um die gewaltigen Kosten der Expo auch nur halbwegs wieder einzuspielen.

Einen Besuch ist die Weltgartenausstellung ohne jeden Zweifel Wert. Unter 2500 Bäumen lässt sich herrlich flanieren, eine halbe Million Blumen, die dreimal im Jahr ausgetauscht werden, haben das einstige Brachland in ein Blütenmeer verwandelt. Dutzende Staaten sind mit eigenen, landestypischen Gärten vertreten. Besonders eindrucksvoll sind die großen, über das ganze Gelände verteilten Tierskulpturen aus Grünpflanzen geraten, die hohe, zweistellige Millionenbeträge verschlungen haben.

"Blumen und Kinder" heißt das Motto der türkischen Expo, und Kindern wird in der Tat jede Menge geboten: Viele große und kleine Plätze zum Spielen, ein vielbesuchter Dino-Park, ebenso lehrreiche wie unterhaltsame Installationen zu den Themen Wasser, Weltraum und Tieren. Dazu gibt es aufwendige Lichtshows und modernste Präsentationstechnik im landesweit ersten "Museum für biologische Vielfalt", das zu einem virtuellen Spaziergang durch zehntausend Jahre Natur- und Menschheitsgeschichte einlädt.

"Die Expo bietet der Türkei eine Plattform, um sich darzustellen", sagt Konsul Vetter - wohl auch eine Chance, ihr angeschlagenes Image aufzupolieren. Natur statt Massentourismus, Nachhaltigkeit statt rücksichtslosen Ressourcenverbrauchs - das ist die zentrale Botschaft dieser Expo, die ihren Besuchern ein grünes, friedliches und weltoffenes Land präsentieren will. Ein Bild, das für viele ausländische Gäste ein Trugbild sein dürfte.

Keine Kommentare