Kommentar: Großbritannien braucht neues Brexit-Referendum

17.10.2018, 10:49 Uhr
Je näher der Brexit rückt, desto mehr zeigt sich: Er bedeutet nur Chaos und Nachteile. (Symbolbild)

© dpa Je näher der Brexit rückt, desto mehr zeigt sich: Er bedeutet nur Chaos und Nachteile. (Symbolbild)

Kleine Kinder haben die Eigenart, die Augen zu schließen, wenn sie unangenehme Dinge sehen. Sie hoffen dann, die Wirklichkeit wäre einfach weg.

Die Erfahrung zeigt: So ist es nicht. Trotzdem verhalten sich Großbritanniens Brexit-Hardliner um den früheren Außenminister Boris Johnson und den Ex-Brexit-Minister David Davies ganz ähnlich. Sie ignorieren einfach die Belastungen, die ein ungeordneter Ausstieg Großbritanniens mit sich bringen würde: Lange Lkw-Schlangen an den Grenzen wegen der Zollkontrollen, ausbleibende Importe sogar bei Lebensmitteln in den Supermärkten, Abzug großer Firmen und Verlust von Arbeitsplätzen, Absturz der Landeswährung. Und so weiter.

Eine Zollunion wollen die Hardliner aber auch nicht: Denn dann, und das haben sie bei ihrem Werben für einen Ausstieg entweder übersehen oder verschwiegen, muss sich das Land weiter an den europäischen Normen aller Art orientieren, sogar weiter in die Gemeinschaftskasse einzahlen, kann aber nicht mehr mitreden.

Dumm gelaufen, irgendwie.

Es ist ja aller Ehren wert, wenn die EU London eine Galgenfrist von einem Jahr anbieten wollen, in dem die Zollunion weiter gilt und die für Verhandlungen genutzt werden sollen. Nur: Am Grundkonflikt ändert das nichts - und an der mangelnden Einsichtsfähigkeit der Brexiteers auch nicht. Denn sie grenzt schon sehr stark an Halsstarrigkeit.

Und das, obwohl Großbritannien bereits in den Abgrund blickt. Viele Bürger haben verstanden, dass sie vor ihrer ersten Abstimmung getäuscht wurde, dass keines der vielen Versprechungen wahr war - zum Beispiel, dass mit den ersparten Milliarden das Gesundheitssystem gestärkt werden könnte. Umfragen zeigen, dass die Befürworter eines Brexit aus diesen Gründen sehr, sehr deutlich in der Minderheit sind.

Es gibt nur eine saubere Lösung aus diesem Dilemma - ein zweites Referendum. Denn dann haben die Bürgerinnen und Bürger eine faire Chance, ihren Fehler zu korrigieren - jedenfalls jene, die mittlerweile die Augen geöffnet haben und die Wirklichkeit sehen.

 

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