Wer live sehen will, muss den Chef bezirzen

8.2.2014, 00:00 Uhr

Das Problem ist die Zeitverschiebung. Was in Sotschi zur besten Sendezeit ausgetragen wird, läuft hier drei Stunden früher. Um kurz nach 20 Uhr ist meist Schluss, zahlreiche Höhepunkte steigen bereits am frühen und späten Nachmittag — und damit für viele während ihrer Arbeitszeit. Was tun? Rechtlich ist die Sache eindeutig. Eindeutig unerfreulich. „Es gibt kein Recht auf Arbeitsunterbrechung und damit auch kein Recht auf das Anschauen von Olympischen Winterspielen während der Arbeitszeit“, klärt Melanie Julia Maußner auf, Fachanwältin für Arbeitsrecht der Nürnberger AfA-Kanzlei.
Einige Gerichte hätten zwar geurteilt, dass zumindest Radiohören erlaubt ist — aber auch das nur, wenn davon die eigentliche Arbeit nicht gestört wird. Wer sich nicht dran hält und sich erwischen lässt, riskiert eine Abmahnung und im Extremfall die verhaltensbedingte Kündigung.
Winterspiele im TV? Nicht bei uns, heißt es denn auch bei der Stadt Nürnberg, mit 10400 Mitarbeitern größter öffentlicher Arbeitgeber der Region. „Es ist weder Fernsehen, Radio noch Sonstiges zugelassen“, sagt Personalchef Wolfgang Köhler. „Jeder, der das unbedingt sehen will, muss eben Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen“, stimmt Susanne Kramer, Sprecherin der Stadt Fürth, mit ein.
Bernhard Lott, regionaler Sprecher von Siemens und damit des größten industriellen Arbeitgebers vor Ort, räumt zwar ein, dass Olympia „für unsere sportbegeisterten Mitarbeiter sicher ein Thema“ sei. Doch während der Arbeitszeit? Verboten, na klar. „Darunter leidet die Qualität, was wir uns als Technologieunternehmen mit Weltruf nicht erlauben können“, so Lott. Auf das Abfahrtsrennen von Maria Höfl-Riesch will man bei Siemens dann offenbar doch nicht verweisen müssen, wenn mal wieder ein ICE zu spät geliefert wird.
Eine Hoffnung aber bleibt Sportfans. Okay, ein Recht auf Olympia gibt es nicht. Freundlich fragen wirke jedoch oft Wunder, erzählt Arbeitsrechtlerin Maußner. „Sie müssen sich mit Ihrem Chef, Ihrer Chefin abstimmen.“ Die Expertin rät, nicht pauschal um Erlaubnis zu bitten, sondern konkret für einen einzelnen Wettbewerb — und diesen für das ganze Team. Für den Chef sei das eine günstige Gelegenheit, die Motivation der Mitarbeiter zu heben und das Gruppengefühl zu stärken.
Und so könnte es am Ende auch für die Daheimgebliebenen doch noch klappen mit dem olympischen Motto: Dabei sein ist alles.
 

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