Widerstand in Flüchtlingsfrage ist eine Dummheit

7.12.2017, 17:30 Uhr
Widerstand in Flüchtlingsfrage ist eine Dummheit

© dpa/Herber

 Es geht nicht darum, die Tore der EU für billige Arbeitskräfte zu öffnen, sondern um die Aufnahme und Betreuung von Opfern der Kriege in Syrien und im Irak sowie der Unterdrückung in totalitären Staaten Afrikas. Dumm ist die abwehrende Haltung vor allem deshalb, weil die Gemeinschaft diese Herausforderung zum einen nur gemeinsam bewältigen kann. Und weil sie zum anderen wesentliche Teile ihrer bisherigen Förderung von Mitgliedstaaten umstellen wird.

Wer Migranten beherbergt, kann auf Geld aus dem Sozialfonds, aus dem Topf für die regionale Entwicklung, aus den Mittel für innere Sicherheit und so weiter erhalten. Der ach so ersehnte Brüsseler Geldregen wird in den kommenden Jahren auf die niedergehen, die sich um Flüchtlinge kümmern – zumindest bis diese zurückkehren wollen und können. Wer da nicht mitspielt, versündigt sich nicht nur an der Solidarität zwischen den Staaten und an diesen Menschen, er schadet sich auch selbst. Das werden die Beratungen für die nächste Finanzperiode zeigen.

Aber die EU braucht auch ein neues, modernes Asylrecht. Mit der bisherigen Klausel von Dublin, der zufolge das Land für einen Zuwanderer verantwortlich ist, in dem dieser den Boden der Union betreten hat, funktioniert vielleicht unter normalen Umständen. Sicherlich aber nicht in einer Krise. Dass Italien die Lastenteilung ebenso bitter vermisst wie Griechenland ist verständlich. Rom revanchiert sich seit einiger Zeit auf seine Weise, indem es europäischen Entscheidungen einen Stein in den Weg legt, wo immer das nur möglich ist. Die Kommission hat Recht: Eine Reform ist überfällig.

Der Weg über eine zentralisierte Verteilung von Migranten auf die Mitgliedstaaten bei gleichzeitiger konsequenter Rückführung von Asylbewerbern, die das Recht missbrauchen, macht Sinn. Die neue Beweglichkeit, einer verpflichtenden Quote bei großem Ansturm und freiwilligen Aufnahme, wenn weniger kommen, ist ein gelungener Brückenschlag. Das dürften auch die Widerständler im Osten der Gemeinschaft verstehen. Aber denen geht es nicht um solidarische Politik, sondern um nationalen Egoismus und einen Hebel, mit dem sie Europas Einigkeit beschädigen wollen.

Das darf Brüssel nicht zulassen. Die Klage vor dem EuGH mag ein teures, aber letztlich hilfloses Unterfangen sein, die Regierungen in Prag, Warschau, Bratislava und Budapest umzustimmen. Aber es gibt eben keinen anderen Weg zwischen zivilisierten Staaten, als auf ihre Zusagen, Versprechungen und Abmachungen zu pochen. Die EU wird sich zusammenraufen müssen. Oder der Streit eskaliert und am Ende bleibt nur der politische Kuhhandel, bei dem Geld und anderweitige Perspektiven überzeugender sind als der gemeinsame Werte-Kanon. 

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