Prägnante Duftmarken zwischen Kultobjekt und Kunst

25.12.2018, 17:58 Uhr
Prägnante Duftmarken zwischen Kultobjekt und Kunst

© Foto: Markus Kohler

Die Frage, wie der Künstler heißt, der in Sabine Pillensteins Galerie seine Arbeiten zeigt, erübrigt sich schnell. Rene Wagner hat seinen Namen als Logo gestaltet und in dieser Gestalt prangt er jetzt allüberall. Mit seinen gebrandmarkten Werken eröffnet der 35-Jährige ohne langes Vorgeplänkel den Diskurs zu einem vertrauten Thema: dem Lockruf einer Marke als höchst erfreulicher Umsatzstrategie.

Freilich ist das ein alter Hut, eine Materie, die in ungezählten Aufsätzen durchgekaut wurde. Dass sich mit einer schlau eingeführten Marke selbst Schrott gewinnbringend unters Volk bringen lässt, sei an dieser Stelle mal geschenkt.

Reizvoller ist naheliegenderweise die Überlegung, ob ein Künstler, der darauf verzichtet, sich selbst als Marke zu installieren, auf dem Kunstmarkt überhaupt einen Fuß in die Tür bekommt.

Ein Tarnmuster

Bei Rene Wagner stößt solches Selbstmarketing auf wenig Gegenliebe. Sein üppiges Namens-Branding wirft nicht nur ein grelles Licht auf diese Praxis, sondern wirkt dank Masse tatsächlich eher wie ein Tarnmuster. Wagners Spielwiese ist die heftig umkämpfte Welt des Motorsports. Nicht PS, sondern Optik nimmt hier die Pole Position ein. Das passt zusammen wie der Rallyestreifen auf der Motorhaube – absolut perfekt.

Akribisch und durchdacht nimmt sich Wagner seiner Mission an. Die multimedialen Arbeiten gehen in den Galerieräumen der Gründerzeitvilla verblüffende Paarungen ein. Erschütternd fraglos fügt sich etwa sein Ensemble "Helden der Kindheit" in den Salon: Ein Fanschal krönt die Leinwand, die der Künstler mit Lack – in Ferrari-Rot – und Stickern zum Tableau der Verehrung gemacht hat. Teil zwei dieser Arbeit ist eine Vase, die der gleiche Lack als Kultobjekt kennzeichnet.

Rene Wagner begann 2010 sein Studium an der Kunsthochschule Kassel, zuvor war er Maler, Autolackierer, Bühnenbildner. Dem Lack ist er treu geblieben, bis zu 20 Schichten davon trägt er auf Leinwand auf, die er zuvor auf altmeisterliche Weise auf Holz gespannt und grundiert hat.

Unsichtbar und allenfalls gefühlt durchläuft er dabei ein paar Jahrhunderte der Kunstgeschichte, sichtbar wird nur die Oberfläche, die aufreizend an beliebiges Hinterhof-Tuning erinnert. Dabei scheut Wagner nicht einmal davor zurück, Fehlstellen zu integrieren. Kratzer finden sich, die an den Furor des Künstlers gemahnen – oder an Blessuren beim Einparken. Blasen, Wasserflecken oder sonstige Malheure zerstören mit hintersinniger Absicht die Perfektion.

Historische Anklänge

Noch viel weiter in der Zeit zurück geht er, sobald Vasen zu Trägern für seine Botschaften werden. Veredelt mit Lack und Logo offenbaren die Gefäße, die er zuvor auf Flohmärkten aufgespürt hat, plötzlich eine überraschende Verwandtschaft zu ihren griechischen Vorfahren, die gerne auch von sportlichen Heldentaten erzählten . . .

Er selbst, sagt Wagner, fühlt sich den Jungs nahe, die irgendwo auf dem Land ihre Fahrzeuge tunen. "Sie zeigen ihre Arbeiten an der Bushaltestelle, ich stelle meine in der Galerie aus. Auffallen wollen wir alle, genauso wir alle auf Applaus aus sind. Wer was anderes sagt, der lügt."

Beifall in der virtuellen Bushaltestelle unserer Tage ist Rene Wagner schon mal sicher: Bei Instagram, wo er Fotos seiner Arbeit gepostet hat, kommentiert ein User respektvoll: "Wow." Das Lob gilt einer Radkappe, die der Künstler als Meißner-Porzellan-Teil im Zwiebelmuster – inklusive Marken-Logo, versteht sich – gestaltet hat. Die noble Anmutung des zerbrechlichen Materials geht dabei eine wunderbar verwirrende Mesalliance mit den unerschrocken dekorierenden Tuning-Meistern an der Spraydose ein.

Und wer ist hier jetzt Künstler? Wer ist Marke? Gute Frage.

Rene Wagner sports: Bis 1. März im Bühlers, Königswarterstraße 22, Öffnungszeiten Mi. – Fr. 11 bis 15 Uhr. Tel. (0911) 93 27 61 60

www.buehlers-fuerth.de

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