12.000 Fans drängelten sich im Tal

15.8.2010, 13:03 Uhr
Begeisterte Fans drängelten sich vor der Bühne des Taubertal-Festivals.

© Hans von Draminski Begeisterte Fans drängelten sich vor der Bühne des Taubertal-Festivals.

Allerdings ist damit wohl auch die Maximalkapazität des relativ engen Talkessels zu Füßen der malerischen Rothenburger Altstadt erreicht. Schon aus Sicherheitsgründen ist ein weiteres Wachstum des beliebten Freiluft-Konzertreigens kaum möglich. Auch die Zufahrtswege erwiesen sich wieder einmal als schwer passierbares Nadelöhr: Aufgrund der anhaltenden Regenfälle hatten sich Park- und Campingplätze in Schlammlöcher verwandelt, die Autos der Gäste wurden mit Traktoren hinein- und hinausgezogen. Die Folge waren stundenlange Staus, so mancher kam zu „seiner“ Lieblingsband zu spät.

Trösten konnte man sich freilich mit einem Programm, das zum Jubiläum der Sendeliste eines guten Rock-Radiosenders ähnelte: Spaßrocker Bela B und die Stakkatopopper von „Fettes Brot“ gaben sich ebenso die Ehre, wie die sanft ergrauten Folkrocker „Bad Religion“ oder die spanischen Querdenker „Ska P“. Für ein echtes Highlight sorgte Skin, die kahlköpfige, offensiv bisexuelle Fronfrau der Gruppe „Skunk Anansie“.

Mit dem Taubertal hat Skin den Karrierestart in den wilden neunziger Jahren gemeinsam. Und sie scheint in der Zwischenzeit einen Jungbrunnen entdeckt zu haben, denn sie ist nicht sichtbar gealtert und tobt eine Stunde lang über die Bühne, als hätte sie Superbenzin getrunken. Ihr (einziger) Welthit „Hedonism“ wird zur von vielen tausend Kehlen mitgesungenen Emanzipations-Hymne. Diese Sängerin ist Energie pur und sie bringt die Atmosphäre im Tal auf einen Siedepunkt, den im Laufe der Zeit längst nicht alle „Hauptacts“ erreichen konnten.

Jan Delay agierte extrem entspannt und locker

Es gibt Menschen, die Jan Delays quäkende Näselstimme grausam finden und mit den formatradiokompatiblen Grenzgängen des so exaltierten wie arroganten Designersakko-Fanatikers wenig bis gar nichts anfangen können. Live ist Delay aber „irgendwie ganz anders“ und sollte dies auch häufiger zeigen. Vielleicht liegt es ja auch an der besonderen Atmosphäre dieses Open Airs, dass Jan Delay so extrem entspannt und locker agieren kann, wie wenige seiner Rapper-Kollegen.

Wer innovativeren, querständigeren, intellektuell anregenderen Stoff suchte, wurde eher auf der „Sounds for Nature“-Bühne fündig, die nicht nur für den alljährlichen „Emergenza“-Nachwuchswettbewerb ein Podium bot, sondern auch heiße neue Bands wie die Wiener Combo „3 feet smaller“ vorstellte. Deren rasante Mischung aus Speedpunk, Crossover und Anarcho-Coverpop lässt dann fast vergessen, dass der Kommerz auch das Taubertal-Festival mittlerweile fest in seinen Klauen hat und dass die Einmaligkeit dieses Open Airs allmählich auf der Strecke zu bleiben droht.

 

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