Bamberger Stadtrat stimmt für viergleisigen Bahnausbau

6.3.2018, 17:47 Uhr
Bamberger Stadtrat stimmt für viergleisigen Bahnausbau

© David Ebener/dpa

Nach einer dreistündigen Sondersitzung mit vielen Kontroversen wurde mit 29 zu 13 Stimmen die Empfehlung abgegeben, die ebenerdige Durchfahrung und damit den Ausbau der Bestandsstrecke zu favorisieren, den sowohl Deutsche Bahn als auch Bund und Land bevorzugen. Damit endet vorerst ein öffentlicher Streit in der Welterbestadt, die sich über sechs Jahre hinzog. Mit der Empfehlung folgt der Stadtrat den Ergebnissen eines Gutachtens, das Bamberg unabhängig von der Bahn im letzten Jahr beim Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart (VWI) in Auftrag gegeben hatte.

Der Favorit der Gutachter ist eine ebenerdige Streckenführung. Sie würde der Stadt, je nach Lesart, die meisten Vor- beziehungsweise die wenigsten Nachteile bieten und sei am günstigsten umzusetzen, auch gegenüber einer Tunnellösung, die mindestens 1,3 Milliarden Euro und damit 300 Millionen Euro mehr als der ebenerdige Ausbau der Bestandsstrecke. Die Ostumfahrung, die ebenfalls über Jahre hinweg diskutiert wurde, war bereits im Vorfeld ausgeschieden. Insgesamt waren seit 2012 rund ein Dutzend möglicher Varianten für den Ausbau des Knotens Bamberg als "Schlussstein" für die neue und im letzten Dezember in Betrieb genommene Hochleistungsstrecke Nürnberg - Berlin.

DB räumte Stadt Bamberg ein Mitspracherecht ein 

In 60 Sitzungen des Stadtrats wurden rund 50 Anträge aus den Fraktionen behandelt und 40 Untersuchungen durchgeführt, alleine 29 davon durch die Stadt Bamberg beauftragt. Damit reagierte die Stadt auf den breiten Protest gegen die ursprünglichen Pläne der DB, über sechs Meter hohe Lärmschutzwände auf einer Länge von bis zu sechs Kilometern quer durch das Stadtgebiet zu errichten und damit auch den Weltkulturerbe-Status Bambergs zu gefährden. Ursprünglich wollte die Deutsche Bahn als Bauherrin bereits 2013 das seit 1998 ruhende Planfeststellungsverfahren wieder aufnehmen und ab 2016 die Bagger rollen zu lassen.

Vor dem Hintergrund der Proteste gegen Stuttgart 21 räumte die DB der Stadt jedoch ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Ausbaus ein. Dafür wurde bereits 2012 ein Koordinierungskreis gegründet, der regelmäßig tagte. "Bamberg hat sich Zeit gelassen mit der Entscheidung. Aber es musste sein. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit", sagte Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). Es sei viel erreicht worden. "Die Sichtachsen zum Welterbe sind nicht mehr verstellt, die Gärtnerflächen werden geschützt und der ÖPNV wird verbessert". Demnach sollen die äußeren Lärmschutzwände eine Höhe von 3,50 Meter nicht überschreiten und ein S-Bahn-Haltepunkt im Süden entstehen, wie Baureferatsleiter Thomas Beese erklärte.

Die ebenerdige Durchfahrung sei deshalb "die relativ beste" Lösung, die zudem den regelmäßigen ICE-Halt in Bamberg auch in Zukunft garantiere. In jedem Fall kommen auf Bamberg aber jahrelange Bauarbeiten mit Dreck, Lärm und der Sperrung von Hauptverkehrsstraßen in der bei Touristen so belieben Domstadt zu. Frühestens 2030 soll der Ausbau fertig sein. Die 13-köpfige CSU-Stadtratsfraktion Bamberg stimmte geschlossen für die Empfehlung. "Wenn wir uns nicht festlegen, wird die Bahn für uns entscheiden", so Fraktionsvorsitzender Helmut Müller. Auch die SPD-Fraktion stimmte zu, nach Aussage von Klaus Stieringer jedoch mit "Bauchschmerzen".

Doppelt so viele Gäste auf neuer ICE-Trasse 

Nach wie vor sei die Fraktion mehrheitlich davon überzeugt, dass ein Ausbau von zwei auf vier Gleise nicht nötig sei. Nachdem die Bahn jedoch ohnehin ausbauen wird, sei es besser, zuzustimmen und sich somit ein starkes Mitspracherecht bei der kommenden Planfeststellung zu erhalten. Die Grünen lehnten die Empfehlung ab, weil der Forderungskatalog der Stadt keine Verbindlichkeit für die Bahn hat.

Die "Bamberger Allianz" forderte, dass auch über eine Tunnellösung abgestimmt wird. Weitere Mitglieder des Stadtrats forderten weitere Variantenprüfungen und belastbare Kostenrechnungen etwa für Tunnellösungen. Oberbürgermeister Starke betonte, dass mit der Empfehlung das Verfahren nicht beendet sondern im Gegenteil erst am Anfang sei. In Zukunft gehe es darum, "die konkrete Höhe der Lärmschutzwände und die Gestaltung" gemeinsam mit der Bahn festzulegen. Der Konzernbevollmächtigte der DB für Bayern, Klaus-Dieter Josel, unterstrich die Bedeutung des Infrastrukturausbaus.

Auf der Strecke von München über Nürnberg, Bamberg und Berlin seien seit der Eröffnung der ICE-Trasse bereits doppelt so vielen Fahrgäste unterwegs, die Zahlen würden weiter steigen, auch der Güterverkehr. Am Ausbau würde deshalb kein Weg vorbeiführen, so verständlich die Sorgen der Bürger auch seien. Mike Flügel als Vertreter der Bahn-Infrastrukturtochter DB-Netz sagte, "der Forderungskatalog des Stadtrats ist knackig". Er garantierte auch weiterhin Transparenz beim Vorgehen der Bahn während und nach der Planfeststellung. Rechtlich verbindliche Zusagen etwa zur gewünschten Höhe der Lärmschutzwände seien aber nicht möglich.

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