Fastenpredigt in Bamberg: "Die Zeiten müssen sich ändern!"

12.3.2019, 16:23 Uhr
Fastenpredigt in Bamberg:

© Helke Jacob

Weil immer weniger Menschen beim Bamberger Faschingsumzug mitziehen, wäre es doch gar nicht so schlecht gewesen, diesen – so die pseudo-innovative, aber gescheiterte Idee von Stadtmarketing-Chef Klaus Stieringer – im Dunkeln durch Bambergs Straßen ziehen zu lassen. Dann sähe man ja wenigstens die geringe Anzahl der Beteiligten nicht mehr so deutlich. Und wenn Stieringer am Maxplatz wohnen würde und die Wirte der Sandstraße über ihren Kneipen, wie friedlich wäre dann das Leben in der Stadt! Überhaupt wäre es doch sinnvoll, alle Events in Bamberg, wie die Sandkerwa, Bamberg zaubert und das Jazz- und Blues-Festival, zu einem Großereignis zusammenzufassen. Dann könnten die Bamberger an den restlichen Wochenenden endlich einmal gemütlich in der Innenstadt flanieren und ihr Eis genüsslich schlecken. 

"Ja schämt sich hier jemand noch für irgendetwas!"

Fiel dieser Teil der Predigt noch verhältnismäßig glimpflich aus, kam Bruder Ignazius nach der Pause bei lokalen und übergeordneten Themen noch einmal so richtig in Fahrt. Er ließ sich über die (Un)Sinnhaftigkeit der E-Scooter in Bamberg aus, kehrte Politikverdrossenheit um, indem er die hiesigen Politiker der Volksverdrossenheit bezichtigte, und mokierte sich darüber, dass, wenn Schüler, die Freitagsdemos bestritten, sie als Schulschwänzer abgestempelt würden. "Ja schämt sich hier jemand noch für irgendetwas!", kommentierte der Mönch diesen traurigen Aspekt.

Ernste Themen mit Nachdruck

Fastenpredigt in Bamberg:

© Helke Jacob

Weiter ging es mit der generellen Flüchtlingspolitik, aber auch mit der hiesigen Flüchtlingseinrichtung AEO weiter. Die Situation dort sähe ganz anders aus, wenn Herrmann oder Seehofer in der Breitenau wohnen würden. Der Radentscheid, der seitens der Stadt eher ausgesessen wurde – "schau mer mal, seh mer scho" – nahm natürlich, wie so viel anderes auch, Raum ein. Und als Bruder Ignazius schließlich richtig heftig und ernst beim Thema katholische Kirche und Kindesmissbrauch wurde, blieb dem einen oder anderen Zuschauer das Lachen im Halse stecken. Mörder und Räuber nannte er die Geistlichen. An dieser Stelle betonte der Mann in der Kutte: "Ich komme jetzt zu keiner Pointe, weil selbst mir beim diesem Thema der Humor abgeht." Und weiter auf sein Mönchsgewand deutend: "Prinzipiell ist eine Mönchskutte ja ein ungemein praktisches Kleidungsstück. Aber aufgrund dessen, was man in den letzten Monaten aus der katholischen Kirche gehört hat, trage ich die Kutte momentan natürlich nicht mehr so gerne, da man ständig verdächtigt wird, den einen oder anderen Ministranten darunter zu verstecken."

Drei Songs mit Bamberg-Thematik

Stimmgewaltig und pointiert waren einmal wieder Rühlmanns Song-Umdichtungen. "Ich hob in Bamberch gwohnt, aber a Zuhaus had ich net", "Muna – fremd und geheimnisvoll" nach einer Melodie der ehemaligen Rockband Dschinghis Khan und Bob Dylans "TheTimes They Are a-Changin" übergreifend umgewandelt in "Die Zeiten müssen sich ändern!" untermauerten noch einmal die Rede und ihre Intention, nicht mehr wegzuschauen und endlich aktiv zu werden. Wer eine lustige, seichte und ausschließlich unterhaltsame Predigt erwartet hatte, war an diesem Abend fehl am Platz. Mit ungemeiner Deutlichkeit und Schonungslosigkeit ging Rühlmann die Themen, die Bamberg und die Welt bewegen, diesmal an.

Der Dank für diese klaren Worte waren kräftiger Applaus und Standig Ovations. Schade blieb, dass Bambergs meiste Politiker die brillante Predigt nicht erreichte, denn diese waren mehrheitlich einfach mal gar nicht erschienen. Den Kartenpreis hätten sie diesmal selbst stemmen müssen, dafür reichen die Politikergehälter offenbar nicht aus. Oder das Interesse? Zumindest Staatsministerin und Schirmherrin Melanie Huml war vertreten. Die erntete dann sogar eines der wenigen Lobe aus dem Munde des Predigers: "Sie haben im vergangenen Jahr erstaunlich wenig Unsinn von sich gegeben!"

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