Seltenes Phänomen: "Downburst" zerstört Landstrich in Franken

24.9.2018, 19:20 Uhr
Diese Luftaufnahme zeigt eindrucksvoll, wie schwer die Schäden durch den Sturm sind.

© NEWS5 / Merzbach Diese Luftaufnahme zeigt eindrucksvoll, wie schwer die Schäden durch den Sturm sind.

Das Dach eines Autos in Burgwindheim, einem kleinen Ort bei Bamberg, ist komplett eingeknickt, die Scheiben gesprungen, die Karosserie eingedellt. Kiloschwere Ziegelsteine prasselten auf den Volvo nieder, der Wind machte aus ihnen Geschosse. Nur wenige Hundert Meter entfernt knickten zentimeterdicke Balken einfach um, das Dach einer Scheune brach unter der Last zusammen. Überall liegen Äste, Gestrüpp, massive Stämme. Hier, mitten in der oberfränkischen Provinz, entfaltete Sturmtief "Fabienne" offenbar seine volle Zerstörungskraft. 

Augenzeugen sprechen von einer dicken schwarzen Wand, die sich am Sonntagabend im Landkreis Bamberg aufbaute. "Es war der Horror", sagt eine sturmgeplagte Anwohnerin der Agentur News5. "Fast wie im Krieg. So etwas Schlimmes habe ich noch nicht gesehen." Ihr Hoftor sei durch die Luft geflogen, der Kamin des Nachbarn wurde zum Spielball von "Fabienne", dem Tief, dass in Franken für schwere Schäden sorgte. 

Erst am Tag nach dem schweren Unwetter zeigt sich in Oberfranken das ganze Ausmaß der Zerstörung. Besonders schwer traf es den 130-Einwohner-Ort Untersteinach im Landkreis Bamberg. Etwa 40 Häuser wurden durch den Wind, umherfliegende Ziegel und umgeknickte Bäume teils schwer beschädigt. Die Stromversorgung kollabierte, das Handynetz ebenso. Die Aufräumarbeiten werden wohl noch Wochen und Monate dauern. "In vielen Ortschaften haben wir ein ähnliches Bild der Verwüstung", sagte Bernhard Ziegmann, Kreisbrandrat der Bamberger Feuerwehren. "Personenschaden haben wir hier in Untersteinach aber nicht zu verzeichnen." Dennoch: Das Sturmtief "Fabienne" forderte auch in Franken ein Todesopfer. Eine 78 Jahre alte Frau wurde auf einem Campingplatz bei Ebrach von einem Baum erschlagen. 

Ein "Downburst" ist kein Tornado

Das, was sich am Sonntagabend im Landkreis Bamberg auftürmte, nennen Experten "Downburst". "Er entsteht durch starken Regen oder Hagel. Der Niederschlag durchquert auf seinem Weg nach unten dann trockenere Luftschichten, in denen ein Teil des Niederschlags wieder verdunstet", zitiert Focus Online den Meteorolgen Jan Schenk vom Portal The Weather Channel. Es handelt sich dabei um ein äußert seltenes Wetterphänomen. Wenn die herabstürzenden Luftmassen auf den Boden treffen, treten demnach schwere Sturmböen auf - wie in Oberfranken. "Richtig starke, nasse Downbursts, die auch großen Schaden anrichten können, treten in Deutschland nur bei Superzellen, also den größtmöglichen Gewittern, auf", sagt der Experte. Oft werden "Downbursts" mit Tornados verwechselt. 

Auch in Oberfranken dachten Anwohner zunächst an eine Windhose. Als einen Sturm "von einer Dimension, wie wir ihn und die vorherigen Generationen noch nie gesehen haben" beschreibt Heinrich Thaler die Minuten des Einschlags. Er ist Bürgermeister von Burgwindheim und wohnt im besonders schwer getroffenen Ortsteil Untersteinach. Der Katastrophenschutz eilte in den kleinen Ort, stellte so die Notversorgung sicher. "Nichts steht mehr Hundertprozentig", sagte Thaler der Agentur News5. Bäume seien umgeknickt wie Streichhölzer, es habe Weltuntergangsstimmung geherrscht. "Aber den materiellen Schaden kann man beheben."


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Wie hoch die Schäden in Oberfranken sind, lässt sich nur erahnen. Mit konkreten Zahlen hielt sich die Polizei auch am Tag nach "Fabienne" zurück. Er dürfte jedoch in die Millionen gehen. Innerhalb kürzester Zeit gingen 300 Notrufe in der Einsatzzentrale ein, die ganze Nacht waren Retter im Dauereinsatz. Die Folgen, da sind sich Experten sicher, werden noch lange spürbar bleiben. Überall in Franken fiel der Strom aus - bis die Infrastruktur wieder völlig wiederhergestellt ist, wird Zeit vergehen.

Im Landkreis Bamberg hoffen die Betroffenen jetzt, dass schon bald wieder Normalität einkehrt. "Ich bitte um die Solidarität aller", sagt Burgwindheims Bürgermeister Heinrich Thaler News5. "Dass wir in der schweren Situation zusammenstehen und den Menschen, die von diesem Orkan in der schlimmsten Form massiv betroffen wurden, helfen." 

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