Die Ängste der Erlanger und viele offene Fragen

19.7.2018, 06:00 Uhr
Die Ängste der Erlanger und viele offene Fragen

© Bayerisches Vermessungsamt

Rund 30 Bürgerinnen und Bürger waren zur Bürgerfragestunde in den Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss  gekommen. Wollten hören, was die Verwaltung ihnen zu sagen hatte. Ihr Fragenbündel berührte drei Themenbereiche: die Planungen im Zusammenhang mit Hochspannungsleitungen im West-III-Bereich, die damit verbundenen Abstandsregelungen und möglichen gesundheitlichen Gefährdungen der Anwohner.

Die erklärte Absicht der Stadtoberen, in West III bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, wird jedoch eher skeptisch gesehen. Vielmehr befürchten die Bürger, dass sich die kapitalstarken Käufer späterhin die Grundstücke fernab der Hochspannungsleitungen sichern, während die etwas weniger begüterten unter diesen Leitungen "im Elektrosmog ihre Kinder aufziehen müssen".

Auch die Frage nach Alternativen für den Bau von Wohnungen brannte den Bürgern auf den Nägeln. Sie wiesen auf freiwerdende Areale hin wie beispielsweise das Gelände des Bezirkskrankenhauses. Wollten überhaupt wissen wies es aussieht mit aktuellen und künftigen Flächen wie auch mit der Prognose in Sachen Bevölkerungszuwachs, wo doch die städtischen Statistiker voraussagen, dass der Zuwachs in Erlangen ab dem Jahr 2021 "nahezu zum Erliegen kommt."

Baureferent Josef Weber oblag es schließlich, die Fragen vorzulesen und anschließend selbst zu beantworten. Soweit das Prozedere. Webers teils wortreiche Repliken im Detail waren letztlich vom Grundtenor geprägt, dass die Stadt sich an alle gesetzlichen Vorgaben halten werde, dem Gemeinwohl verpflichtet sei und dieserhalb sich auch um die planvolle Versorgung mit Wohnraum kümmern müsse. Der Baureferent verteidigte den Wohnraumbedarf und somit auch jene Prognosen, die regelmäßig fortgeschrieben werden und immer auf der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung basieren.

Dass "West III" nach wie vor ein heißes Eisen ist, wurde einmal mehr in der anschließenden Debatte deutlich. Sachlicher als bislang, mit nur vereinzelt hitzigen Ausbrüchen, wurden bekannte Positionen wiederholt, bekräftigt und zuweilen ergänzt. Die Ausweisung von Gewerbegebieten und damit auch das Wachstum an Arbeitsplätzen stoppen, forderte Johannes Pöhlmann von den Linken. "Die Entscheidung, ob eine Stadt wachsen soll oder nicht, muss im Stadtrat fallen und nicht durch irgendeine Prognose", so Pöhlmann.

Dass die Fragen der Bürger durchaus begründet seien, räumte Philipp Dees ein. Der SPD-Rat machte aber auch deutlich, dass das alles zu einem ganz frühen Verfahrensstand passiere. "Wir haben lediglich die Voruntersuchungen zu einem möglichen Baugebiet West III eingeleitet." Antworten gebe es erst, wenn diese Voruntersuchungen abgeschlossen seien. Und das kann dauern.

Nahezu ins gleiche Horn stieß Harald Bußmann von der Grünen Liste. Er sieht die Untersuchungen als "zwingend notwendig" an, um später entscheiden zu können, ob überhaupt ein Entwicklungsgebiet entsteht. Denn es könne ja auch sein, dass bis 2030 eine gänzlich andere Entwicklung stattfindet. Die Sache mit den Hochspannungsleitungen klinge zwar "komisch", sei aber kein Grund, die Voruntersuchungen abzubrechen, so Bußmann. Genau das monierte ÖDP-Rätin Barbara Grille. An der Planung festzuhalten, obschon sich die Stadt wegen der Hochspannungsleitungen vielleicht in Gefahr begibt, haftbar zu werden, konnte sie nicht nachvollziehen. Grille nutzte die Gelegenheit, für das Ratsbegehren zu werben, das die ÖDP erreichen will, so dass schließlich deutlich mehr Bürger über West III abstimmen können.

Die CSU-Fraktion, die sich von Anfang an als Gegner der West III-Pläne in der momentanen Form positioniert hat, machte auch in Richtung "Linke" deutlich, dass sie durchaus "nicht für einen Stillstand in Erlangen" sei, so Fraktionsvorsitzender Jörg Volleth. Aber West III müsse nicht in dieser Größe sein. Das "Untersuchungsgebiet", wie es genannt wird, umfasst rund 200 Hektar oder zwei Millionen Quadratmeter und ist größtenteils Ackerland. Etwa die Hälfte davon wird als "potenzielle Siedlungsfläche" gesehen und soll später bebaut werden. Auch aufgrund der widersprüchlichen Wachstumsprognosen würde Volleth eher eine Fläche von lediglich 30 Hektar befürworten. 

West III und kein Ende. Reichlich Fragen offen. Deswegen die Anmerkung von Birgit Marenbach, Grüne, sich Zeit zu nehmen für die Untersuchungen und ohne Zeitdruck mit den Bürgern hier gemeinsam zu agieren.

Nach zweieinhalb Stunden waren der Worte genug gewechselt. Vorerst jedenfalls. Bürgermeisterin Elisabeth Preuß, die die Sitzung mit viel Gespür "moderierte" und so zuweilen auch verhinderte, dass das hochemotional aufgeladene Thema zu einer Zungenschlägerei ausartete, war sich am Ende sicher: "Wir werden noch viel über das Thema diskutieren."

Wie wahr. Denn schon am Dienstag, 24. Juli, findet die von der CSU initiierte außerordentliche Bürgerversammlung zum Entwicklungsgebiet "West III" statt, ab 20 Uhr in der Grundschule Mönauschule (Turnhalle), Steigerwaldallee 19.

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