Entschwinden in Musik: Tina Dico im Interview

9.3.2013, 17:19 Uhr
Entschwinden in Musik: Tina Dico im Interview

© privat

Ihr neues Album heißt „Where Do You Go To Disappear?“. Wohin entschwinden sie selbst gerne?

Tina Dico: Auf der Bühne entschwinde ich voll und ganz in der Musik. Ansonsten verschwinde ich in den Beziehungen mit den Menschen, die mich umgeben und die ich liebe. Ganz aktuell bin ich in mein neues Leben nach Island entschwunden. Hier gehe ich viel in die Natur und versuche gerade, ein kleines Stückchen Land im Nirgendwo zu kaufen. Da gibt es einige Hügel, einen kleinen Fluss und zu den Füßen Millionen von Blaubeeren. In der Zukunft werde ich wohl häufig dorthin entschwinden.

Welche konkrete Geschichte steckt hinter der Titelfrage?

Dico: Die Geschichte ist die, dass ich einfach zu viel nachdenke. Ich bin ständig in meinem Kopf, beobachte und analysiere alles um mich herum, anstatt mich einfach mal gehen zu lassen und den Moment zu genießen. Nur mit Hilfe meiner Musik gelingt es mir, mich selbst zu vergessen und für eine kurze Zeit darin zu verschwinden.

Was hat sich seit Ihrem erfolgreichen Album „Count To Ten“ in Ihrem Leben geändert?

Dico: Eine Menge! „Count To Ten“ war voller Songs, die mein rastloses Leben damals widergespiegelt haben. Ich war ständig unterwegs und von Chaos und Hektik umgeben. Das ging immer so weiter, bis ich Helgi Jonsson getroffen habe. Er kam 2008 in mein Leben, von dem ich damals ziemlich die Nase voll hatte. Ihn zu treffen, entflammte in mir wieder meine ursprüngliche Passion für die Musik. Er ist ein sehr leidenschaftlicher Mensch mit einem wunderbaren Zugang zur Musik. In Helgi habe ich endlich auch mein privates Glück gefunden und bin ihm 2011 in seine Heimat Island gefolgt. Es ist ein Leben voller Frieden, mit reichlich Raum und der Vollendung eines lang gehegten Traums: dem Bau eines eigenen Studios in unserem Haus...

Wo dann auch das neue Album entstand?

Dico: Ja, das neue Album ist inspiriert von dem neuen Leben und von diesem mysteriösem Eiland. Wir haben das neue Album komplett zusammen eingespielt und es trägt auch maßgeblich Helgis Stempel. Man hört auf dem deutlich, dass mich ein anderer Lebensraum umgibt.

Inwiefern?

Dico: Ich würde es als wärmer und dunkler beschreiben, als meine früheren Alben. Ich denke, es ist ausgereifter und klingt beruhigender.

Aber diese Dinge liegen meistens im Ohr des Hörers. Einige Menschen haben es als melancholisches Werk beschrieben, andere bezeichnen es als leuchtend und klar. Mir war es wichtig, sowohl eine ruhige und reflektierende Aura zu schaffen, als auch eine lichte und energetische Seite zu Gehör zu bringen. Der starke Kontrast ist auch durch die allumfassende Natur Islands entstanden.

War Ihr erneuter Abschied aus Dänemark eine Flucht vor der großen Popularität dort?

Dico: Nicht wirklich. Obwohl ich gestehen muss, dass ich nicht gut darin bin, eine Berühmtheit zu sein. Ich bevorzuge es, mein tägliches Leben ohne allzu große öffentliche Aufmerksamkeit zu leben.

Haben Sie gar kein Heimweh?

Dico: Kaum — ich mag die Dunkelheit der Insel, wenn man es sich drinnen richtig schön gemütlich und behaglich machen kann. Außerdem kann ich von unserem Haus noch die Lichter und die Skyline von Reykjavik sehen — das hilft. Aber es gibt natürlich auch Phasen, da fühlt man sich doch einsam. Da vermisse ich das Treiben der großen Städte und spüre die große Entfernung von meiner Familie. Das ist das Opfer, das man für so ein Leben in der Natur aufbringen muss. Dann danke ich Gott für die modernen Kommunikationsmittel wie Skype und E-Mails.

Keine Kommentare