Erlangen: Drei Gedenktafeln für jüdische NS-Opfer

28.9.2016, 12:00 Uhr
Erlangen: Drei Gedenktafeln für jüdische NS-Opfer

© Horst Linke

In den vergangenen Monaten hat sich auf dem Jüdischen Friedhof und vor allem am Taharahaus viel getan: Mauern wurden trocken gelegt, Fassade und Dach weitgehend fertig gestellt sowie mehrere Fenster ver- und dem ursprünglichen Grundriss entsprechend neu eingesetzt. Trotz der deutlichen Fortschritte sieht es auf dem Gelände aber noch immer aus wie auf einer großen Baustelle: Alte Kabel hängen lose aus den Wänden, es fehlen Fliesen, Lampen, Tapeten und auch die Heizung. Die Handwerker haben also hier, im traditionsreichen Taharahaus der Jüdischen Kultusgemeinde (JKG) Erlangen, in den nächsten Tagen und Wochen alle Hände voll zu tun. Schließlich sollen die umfassenden Renovierungs- und Umbauarbeiten des historischen Gebäudes bis spätestens Ende dieses Jahres beendet sein – und die Einrichtung Anfang 2017 endlich wiedereröffnet werden.

Zunächst aber steht an diesem Freitag der 125. Geburtstag des jüdischen Friedhofes an (siehe Text unten). Auch wenn der offizielle Festakt zur Wieder-Einweihung von Friedhof und Taharahaus mit Vertretern aus Religionsgemeinschaften, Wirtschaft, Politik und Stadt erst am 30. Oktober stattfindet, gibt es im Vorfeld des Gründungstages zumindest eine Veranstaltung im kleineren Rahmen.

Bereits am morgigen Donnerstag wird auf dem Grundstück hinter dem Burgberg ein Denkmal mit drei Tafeln errichtet. Die Platten, die vor allem mit Spenden der Erlanger Bürgerstiftung, der Baufirma Mauss GmbH sowie der Ed. Züblin AG finanziert wurden, erinnern an drei Gruppen verschiedener jüdischer Nazi-Opfer.

So finden sich auf den Platten Namen von Erlanger Opfern der zielgerichteten Ermordung kranker Menschen sowie von Frauen, Männern und Kindern, die im Holocaust ums Leben kamen und Erlangen-Bezug haben: Menschen, die in der Stadt geboren, gelebt oder gearbeitet haben. Ein weiterer Stein ist den Vorfahren und Verwandten von heutigen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde gewidmet: jenen, die in der roten Armee im Kampf gegen die Nazis ihr Leben verloren haben. „Ein eigener Gedenkstein für russische Juden ist in Deutschland etwas Besonderes“, sagt Christof Eberstadt, der Beauftragte der Jüdischen Kultusgemeinde für die alte Jüdische Gemeinde.

Die russischen und ukrainischen Angehörigen der rund 120 Mitglieder umfassenden jüdischen Gemeinde in Erlangen werden daher gerade diese Tafel beachten: Kamen doch viele als sogenannte Kontingentflüchtlinge in den 1990er Jahren aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion in die Hugenottenstadt. Ohnehin freuen sich die Angehörigen der jüdischen Gemeinde, unabhängig von ihrer Nationalität, auf den Tag, an dem sie ihre Angehörigen wieder den Riten gemäß beerdigen können: mit Leichenwaschung (Tahara), Aufbahrung und Trauerort unter einem Dach.

Noch aber sieht die letzte Reise für Gläubige profaner aus: Nach verschiedenen Örtlichkeiten (unter anderem das Taharahaus in Nürnberg) werden die Verstorbenen derzeit an einem Platz im Erlanger Stadtteil Steudach aufgebahrt (wie berichtet). Danach kommen die Verstorbenen auf den jüdischen Friedhof in Erlangen. „Das ist umständlich und führt dazu, dass unsere Mitglieder die jüdischen Gesetze nicht genau einhalten können“, erläutert Ester Klaus, die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Erlangen. Deshalb können die Gemeindemitglieder die Wiedereinweihung des Taharahauses kaum abwarten.

Diese Begeisterung spürt auch Johanna Käferlein, die die Projekt- und Bauleitung für die Sanierung trägt. Häufig, berichtet sie, erkundigen sich Gemeindemitglieder vor Ort nach den Bauarbeiten und winken ihr dabei mit Kusshand zu.

Auch Ester Klaus ist ungeduldig. Der jüdische Friedhof und das Taharahaus seien ja auch eine Art „Aushängeschild“ für Erlangen und die jüdische Gemeinde. „Unsere Mitglieder haben oft Besucher aus USA und Israel, und da haben sich schon mehrmals einige über den schlechten Zustand unserer Einrichtung geäußert“, kritisiert sie.

Aber der große und auch schwierige Umbau (schließlich handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gebäude) dauert und kostet zudem voraussichtlich doch mehr als die veranschlagten 270 000 Euro. Das Geld kommt unter anderem vom Landesamt Israelitische Kultusgemeinden Bayern, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, dem Bezirk Mittelfranken, der Stadt Erlangen, der Landesstiftung in München und diversen Privatspendern.

Für die Endphase der Bauarbeiten hoffen Eberstadt, Klaus und Käferlein noch auf weitere Gaben. Vor allem deshalb, weil es mit den erhofften Spenden von Nachfahren jüdischer Exil-Erlanger (bisher) nicht wie erhofft geklappt hat. „Auch die christlichen Gemeinden hatten uns Spenden versprochen“, sagt die JKG-Vorsitzende Ester Klaus, „sie wollten in einer Kollekte für uns sammeln.“

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