Erlangen hilft Fürther Technikum

16.4.2009, 00:00 Uhr
Erlangen hilft Fürther Technikum

© Udo B. Greiner

Nicht nur, dass die auf dem einstigen Grundig-Gelände entstandene «Uferstadt» Professoren beherbergt, die in der Technischen Fakultät in Erlangen führend tätig sind – die Gründung fußt vor allem auf der 1998 getroffenen Entscheidung der beiden damaligen Oberbürgermeister Siegfried Balleis (Erlangen) und Ludwig Scholz (Nürnberg), Fürth bei seinen Bemühungen, in die Universität Erlangen-Nürnberg eingebunden zu werden, zu unterstützen.

Balleis, in Zirndorf aufgewachsen, in Fürth zur Schule gegangen und damit dem städtischen Nachbarn eng verbunden, gilt in den Augen Müllers als «Vater» des Projekts. Und heute freut sich der Erlanger OB, dass Fürth für seine finanziellen Opfer von bisher knapp elf Millionen Euro – darunter Mittel, die ursprünglich für den nicht verwirklichten Gewerbepark Nürnberg-Fürth-Erlangen vorgesehen waren – durch einen enormen Kompetenzzugewinn belohnt worden ist.

Erste universitäre Einrichtung

Im Fürther Technikum waren bisher vor allem Lehrstuhlinhaber der Technischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg in der Regie. Sie und ihre Nachfolger konzentrieren sich, seit der Realisierung des Gesamtkonzepts ab 2001, mit einem immer größer werdenden Team auf die Entwicklung innovativer Fertigungsverfahren zur Herstellung von Bauteilen aus Metallen, Kunststoffen und Verbundwerkstoffen sowie auf die Simulation von Gießprozessen. Der Technologietransfer dient vor allem der Automobilindustrie.

Das im Juni 2006 gegründete Zentralinstitut für Neue Materialien und Prozesstechnik (ZMP) – Sprecher: der Erlanger Prof. Robert Singer (Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Technologie der Metalle) – ist die eigentliche erste universitäre Einrichtung in Fürth. Dort werden mit 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ideen aus der Grundlagenforschung bis in das Prototypenstadium weiterentwickelt. Die Erlanger Professoren Manfred Geiger, Peter Greil, Mathias Göken und Andreas Hirsch sind in die kollegiale Leitung mit eingebunden.

Zum ZMP gehört übrigens das zwei Millionen Euro teure und mit sechs Metern Höhe größte Rasterelektronenmikroskop der Welt, um das sich Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland beworben hatten. Und bei der DaiCCon GmbH, ein Spin-off des ZMP, kommt eine der weltweit größten Diamantbeschichtungsanlagen (Neuwert: eine Million Euro) zum Einsatz.

Die industrielle Umsetzung übernimmt die speziell zu diesem Zweck aus der Friedrich-Alexander-Universität heraus gegründete «Neue Materialien Fürth GmbH (NMF)», ebenfalls unter der Leitung von Singer. Sie beschäftigt 35 Mitarbeiter und verfügt über 1450 Quadratmeter Bürofläche sowie zwei Hallen mit einer Gesamtnutzfläche von 1700 Quadratmetern.

Die bisherigen Gesellschafter Prof. Gottfried W. Ehrenstein und Prof. Helmut Münstedt scheiden demnächst aus, für Prof. Marion Merklein – übrigens deutschlandweit die erste Frau, die einem ingenieurwissenschaftlichen Sonderforschungsbereich («Transregio 73») vorsteht – wird ein eigener Projektteil angestrebt.

Zum festen Bestandteil des Technikums ist aber auch die von Dr. Randolf Hanke geleitete, einstige Projektgruppe Ultrafeinfokus-Röntgentechnologie des Erlanger Fraunhofer Instituts für Integrierte Schaltungen geworden. Begonnen mit fünf Mitarbeitern und einem Gründungskapital von zehn Millionen Euro, soll dieses Entwicklungszentrum Röntgentechnik – wo neu geschaffene Materialien auf Fehler und Schwachstellen geprüft werden – bald zum eigenständigen Institutsteil wachsen. Schon jetzt zählt die Gruppe 80 Mitarbeiter, bis 2013 sollen es 150 sein.

Von Fördermitteln profitiert

Ein Teil des Erlanger Exzellenzclusters «Engineering of Advanced materials» unter dem Leibniz-Preisträger Prof. Wolfgang Peukert (Lehrstuhl für Feststoff- und Grenzflächenverfahrenstechnik), größtes Drittmittelprojekt in der FAU-Geschichte, ist ebenfalls in Fürth beheimatet. Die Fördermittel erhielt Fürth vor einem Jahrzehnt von der EU und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vor allem aber aus der HighTech-Offensive des Freistaats, von der in Erlangen etwa das Gründerzentrum IZMP an der Henkestraße entstammt.

Die Konzentration auf Neue Materialien kommt in Fürth nicht von ungefähr: Mit den Unternehmen Eckart-Werke, Leonhard Kurz, Ecka Granulate, Flabeg, RUAG und Uvex sind zahlreiche Firmen in den betreffenden Industriesegmenten involviert. Ecka-Chef Gert Rohrseitz hat durch das Technikum «Synergieeffekte, Innovationspotenziale und Arbeitsplätze in einer neuen Technologie und damit einen weiteren Kompetenzgewinn über den Standort hinaus» erwartet. Das ist inzwischen voll bestätigt worden. UDO B. GREINER