Erlanger Arzt kämpft seit Jahren gegen die Zeitumstellung

8.2.2018, 17:52 Uhr
Die Zeitumstellung ist unbeliebt: 70 Prozent der Deutschen würden sie am liebsten abschaffen. Das EU-Parlament lehnte einen Antrag auf Abschaffung allerdings ab.

© E.ON Energie Deutschland Die Zeitumstellung ist unbeliebt: 70 Prozent der Deutschen würden sie am liebsten abschaffen. Das EU-Parlament lehnte einen Antrag auf Abschaffung allerdings ab.

Bald ist es wieder soweit: Am Sonntag, den 25. März 2018, werden um zwei Uhr morgens die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Die Hoffnung auf ein Ende der Zeitumstellung hat sich zerschlagen: Das EU-Parlament in Straßburg lehnte einen Antrag auf Abschaffung der Uhrenumstellung ab.

Herr Hilgers, Sie verweigern seit Jahren die Zeitumstellung im Sommer. Wie gelingt Ihnen das?

Hubertus Hilgers: Das funktioniert eigentlich sehr gut. Im Grunde fängt für mich einfach nur alles eine Stunde eher an. Und das rechne ich im Kopf um oder merke ich mir. Die Läden haben für mich eben von 7 bis 19 Uhr statt von 8 bis 20 Uhr geöffnet. Ich brauche keine zwei Uhren oder so. Auch meine Patienten machen ganz normal Termine aus und ich schreibe mir eben eine Stunde früher auf.

 

Warum haben Sie beschlossen gegen die Zeitumstellung zu kämpfen?

Hilgers: 2013 gab es zwei Vorfälle hier in der Region, die mich wachgerüttelt haben. Einen Tag nach der Zeitumstellung wurde in Fürth um 6.30 Uhr eine 14-Jährige von einem Lkw-Fahrer erfasst. Kurz danach hatte ich eine Patientin aus Nürnberg, deren Tochter nach der Zeitumstellung jeden Morgen epileptische Anfälle bekam. Epilepsie kann durch Schlafmangel ausgelöst werden. Auf meinen Rat hin probierte die Frau ihr Kind eine Stunde länger schlafen zu lassen - die Anfälle blieben aus. Der Körper lässt sich eben nicht umstellen und durch die Zeitumstellung ist es so, als wären wir monatelang in einer anderen Zeitzone. Dagegen kämpfe ich.

Der Erlanger Arzt Hubertus Hilgers verweigert seit Jahren die Zeitumstellung.

Der Erlanger Arzt Hubertus Hilgers verweigert seit Jahren die Zeitumstellung. © Harald Sippel

Werden sie inzwischen von mehr Leuten ernst genommen als früher?

Hilgers: Anfangs haben mich viele für einen Verrückten gehalten. Man wird schnell in die Esoterik-Ecke gestellt. Nach Berichten über mein Engagement haben mich aber unzählige Menschen kontaktiert, die unter den Folgen leiden und sagten, wie froh sie seien, dass mal jemand dieses Problem ausspricht. Und der Nobelpreis, der zuletzt an einen Chronobiologen ging, war für alle, die sich mit der biologischen Uhr des Menschen beschäftigen, eine Bestätigung, dass endlich ernst genommen wird, womit wir uns schon länger auseinandersetzen. Der menschliche Körper mit all seinen biologischen Prozessen wird durch die Sonne getaktet. Naturvölker, die nach diesem Rhythmus leben, sind uns weit überlegen.

Welche Folgen hat die Umstellung?

Hilgers: Die Auswirkungen betreffen alle Ebenen, denn die innere Uhr beeinflusst den Stoffwechsel, den Schlaf, die Körpertemperatur und das Hormonlevel. Wir haben dann eine depressive Stimmung, Konzentrationsschwäche, Appetitlosigkeit, Verdauungsprobleme, Gereiztheit und eine gestörte Herzfrequenz. Daraus entstehen Krankheiten, die das Gesundheitssystem enorm belasten. Bei Schlafmangel werden Cortisol und Adrenalin vermehrt ausgeschüttet, der dadurch erhöhte Blutzuckerspiegel führt zu Diabetes. Außerdem passieren uns Flüchtigkeitsfehler, die in Unfälle münden können und uns leistungsunfähig machen. Gelinde gesagt sind das Milliarden-Verluste für die Wirtschaft.

Sie wehren sich schon gegen den Begriff Sommerzeit. Warum?

Hilgers: Das ist ja eine Jahreszeit und hat mit der inneren Uhr nichts zu tun. Manche sagen, die Sommerzeit sollte nicht abgeschafft werden, weil die Sommerabende, an denen es länger hell ist, doch so toll seien. Dabei werden die Tage bis zur Tag-und-Nacht-Gleiche sowieso länger. Stattdessen geht es darum, nicht entgegen des Naturrhythmus zu leben -  der wird durch die Normalzeit vorgegeben.

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