Lilien für die Kanzlerin

20.9.2010, 12:56 Uhr
Lilien für die Kanzlerin

© Böhner

Seltene lila Bohnen, weiße Pfirsiche, lila-braune Tomaten, Knoblauchgras, Iris und natürlich Lilien in allen Farben und Formen — jeder Quadratmeter von Stefan Strassers Garten birgt florale Überraschungen. Folgt man dem „Retter der Raritäten“ durch sein 10000 Quadratmeter großes Reich, merkt man: Nichts ist hier zufällig. Ein altersschwacher Stuhl am Heckenrand dient Pilzen als Nährboden, ein wilder Steinhaufen Eidechsen als Unterschlupf. Jeder Schritt birgt neue Entdeckungen. Eben solche, die nur einem Pflanzenkenner auf dem ersten Blick auffallen.

Leidenschaft liegt in der Familie

Schon seit seiner Kindheit ist der 48-Jährige von der Vielfältigkeit der Natur fasziniert. Als gelernter Gärtner führt er die Tradition seines Vaters fort und widmet seine besondere Aufmerksamkeit der ältesten Zierpflanze überhaupt — der Lilie. „Lilien machen süchtig. Sie sind so schön, so dankbar. Nicht umsonst gelten sie als berauschend, ja aphrodisierend“, schwärmt Strasser. 2008 schuf er mit der Lilien-Arche gar ein Asyl für seltene bis hin zu verloren geglaubten Exemplaren dieser Gattung. Seine Pläne: „Ich möchte noch drei weitere Orte dieser Art in Deutschland schaffen.“

Lilien für die Kanzlerin

Über die gleichzeitig gegründete „Bundes ArbeitsGemeinschaft Pflanzensammlungen“, deren Gründungsmitglied Strasser ist, entstand darüber hinaus ein Netzwerk für Sammler rarer Pflanzenarten. Auch Privatpersonen können so ihre Erfahrungen teilen, ihren Bestand kundtun oder Züchter um Rat fragen.

Im Zuge des Unesco-Jahres der Biodiversität 2010 trägt das Kanzleramt in Berlin mit einem Projekt ebenfalls zur Wahrung der Artenvielfalt bei. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gartenbaugesellschaft sollen auf einem 50 Quadratmeter großen Beet des Kanzleramtsgartens zehn stark bedrohte Pflanzenarten erblühen. Direkt am Fuße des Hubschrauberlandeplatzes gelegen, wird es den ersten Eindruck ankommender Staatsgäste prägen.

Wildpflanzen im Fokus

Bei der Beetgestaltung selbst liegt der Fokus auf Wildpflanzen, welche einst rund um Berlin und Brandenburg beheimatet waren, nun aber auf der roten Liste bedrohter Arten stehen. Strassers Beitrag wird die leuchtend rote Feuer-Lilie sein. Im Volksmund auch als Roggen-Lilie bekannt, war sie früher deutschlandweit auf Roggenfeldern verbreitet.

Der hochmaschinelle Ackerbau verhindert die natürliche Vermehrung der Feuer-Lilie jedoch weitestgehend, und somit ist auch ihr Name heute auf der roten Liste zu finden. Weitere wilde Beetnachbarn werden unter anderem Polei-Minze, Kreuz-Enzian, Echter Eibisch und die Pracht-Nelke sein. Mit ihrem verstärkten Engagement wollen die Unesco im Großen und Pflanzenliebhaber wie Strasser im Kleinen vor den Verlusten eben solcher genetischer Vielfalt in Flora und Fauna warnen.

Auch Kanzlerin Merkel unterstreicht die Bedeutung dieser Arbeit durch ihre Anwesenheit zur offiziellen Einweihung des Pflanzenbeets am 23. September. Strasser selbst wird der Kanzlerin die Geschichte seines blühenden Mitbringsels somit nahe bringen können.

Ein Mann und viele Aufgaben

Übung im Erklären und Erzählen besitzt der Lilienzüchter reichlich, bietet er doch ganzjährig Führungen durch seinen Garten und hält Vorträge in ganz Deutschland. Dem nicht genug, engagiert er sich ehrenamtlich am Sonderpädagogischen Förderzentrum Erlangen (Jean-Paul-Schule). In Theorie und Praxis teilt er dort seine Begeisterung für die Natur mit Acht- und Neunklässlern.

Dieses Jahr kann Strasser zudem auf das 25-jährige Bestehen seiner Gärtnerei anstoßen. Ratlose Gartenbesitzer können sich dort jederzeit an ihn wenden, denn Strasser ist Profi für individuelle Gartengestaltung. Ob Farngärten, Lilienträume oder pflegeleichte, nahezu gießfreie Bepflanzung — Strasser ist ein Mann für alle Gartenfragen.

www.lilienarche.de

www.lilien-strasser.de