Per Rad als ,Gast in der Welt‘ und nach Russland zu Besuch

9.4.2013, 00:00 Uhr
Per Rad als ,Gast in der Welt‘ und nach Russland zu Besuch

© Harald Sippel

Über Tschechien und die baltischen Staaten führt die Tour über Petersburg nach Wladimir. Dort wird das Paar Ende Mai bei den Feierlichkeiten zur 30-jährigen Städtepartnerschaft mit Erlangen mit von der Partie sein. Schließlich geht’s weiter über Wolgograd hinunter zum Schwarzen Meer, durch Moldawien, Ungarn und Österreich zurück in die fränkische Heimat. Anfang August möchte das Paar wieder hier einrollen. Dazwischen liegen über 9000 Kilometer. Die lassen die Höhles hinter sich. Natürlich per Rad. Es ist eben ihre Art, die Welt zu „erfahren“.

Das bekannte Dichterwort ist bereits arg strapaziert. Dennoch passt es trefflich zu den Höhles, als hätte der gute Matthias Claudius (1740 bis 1815) die beiden bestens gekannt und daraufhin sein „Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen...“ zu Papier gebracht.

Je nun: Die Höhles haben inzwischen mehr als eine Reise hinter sich. Sind Weltumradler. Haben seit 2006 alle fünf Kontinente durchquert, dabei 54 Länder und ihre Menschen kennen gelernt und so viel Schönes wie Kurioses erlebt, dass sie tagelang davon erzählen könnten – beispielsweise die Anekdote von der Einladung eines Unbekannten, der sie – kurz vor Pakistan – mit einer stattlichen Limousine abholen und zu einem Abendessen chauffieren ließ, das sich wie ein „Märchen aus 1001 Nacht“ gestaltete; der Unbekannte entpuppte sich späterhin als Innenminister des Landes. Oder von spontanen Auftritten im kolumbianischen Fernsehen, von etlichen Übernachtungen bei bitterarmen Menschen, die sich vor Gastfreundschaft, die hierzulande ihresgleichen sucht, geradezu überschlugen; von Situationen, wo das Paar wie Stars empfangen und behandelt wurde, von Motorrad- und Polizei-Konvois, die sie ein Stück weit begleiteten, von Schlafplätzen in dunklen Höhlen, alten Gefängnissen oder auch Freudenhäusern, von Autogrammen, die sie geben mussten, von vermeintlich gefährlichen Gebieten, die sie laut gut gemeintem Rat besser hätten umfahren sollen: „Der Iran wird so verteufelt. Aber es war eines der gastfreundlichsten Länder überhaupt“, schwärmt Klaus Höhle. Überhaupt ließ das hohe Maß an Gastfreundschaft, das den Höhles auf dem Erdenrund begegnet ist, niemals ein Gefühl von Angst aufkommen. „Wir waren in der Welt zu Gast. Und die Welt hat uns als Gast aufgenommen“, resümiert Klaus Höhle.

Fernweh und Abenteuerlust

Der ehemalige Bauingenieur ist inzwischen 73 Jahre alt. Seine Frau Doris 61. Fernweh und Abenteuerlust sind ihnen gemeinsam, gleichsam die treibende Energie, die beide seit Jugendjahren an innehaben.

Klaus Höhle war allerdings schon 50 Jahre alt, als ihm seinerzeit das Magazin „Bike“ in die Hände fiel. Er las darin den Artikel eines Journalisten über dessen Radreise entlang der Westküste der USA. Davon gänzlich fasziniert, reifte rasch der Entschluss, es dem guten Manne gleichzutun. Und da zu jenem Zeitpunkt satte 100 Urlaubstage aufgelaufen waren und Ehefrau Doris schon immer die Sportbegeisterung und den Tatendrang ihres Mann teilte, war eigentlich klar, was geht: Für die nordamerikanische Küste benötigte das Paar keine zwei Monate, und so hängte man kurzerhand noch eine Umrundung der Hawaii-Inseln dran. Noch viele Radtouren sollten folgen. Um die Welt rollte das Paar in 28 Monaten von März 2006 bis Juli 2008. Und im letzten Jahr lenkten sie ihre Zweiräder hinauf ans Ende von Norwegen — zum Nordkap (die EN berichteten).

Inzwischen haben sie rund 94000 Rad-Kilometer hinter sich. Und das weite Russland liegt vor ihnen. Damit kommen sie deutlich über die 100000 Kilometer, die sie bislang eisern und muskelkräftig bewältigt haben — jeder Kilometer feinsäuberlich dokumentiert und mit Tagebuch-Notizen versehen. Davon abgesehen, gelten die beiden Frauenauracher als das weltweit älteste Paar, das dieserart Reisen unternimmt.

Das Nötigste ist genug. Wie immer reisen die Höhles mit kleinem Gepäck: Ein paar Arzneien, natürlich Ersatzreifen und Schläuche, Schlafsack, Scheckkarte, Handy, ein kleiner Benzinkocher und natürlich Radkleidung für jedes Wetter. Insgesamt bringt es jedes Gefährt auf rund 50 Kilogramm. Ein „Navi“ findet sich nicht darunter. „Wir sind alte Kartenleser“, sagt Ehefrau Doris.

Im Schnitt radeln die beiden fünf bis sieben Stunden am Tag und schaffen etwa 90 Kilometer. Sie lieben es einfach, so zu reisen. „Wir haben ganz andere Erlebnisse als Autofahrer, sind näher an den Menschen, an den Tieren, sind überhaupt ein Teil der Natur.“

Die Russland-Tour wird den Höhles sicherlich wieder viel Erzählenswertes bescheren. Dicke Bücher könnten sie füllen mit den wunderbaren Begegnungen und Geschichten, die sie bislang erlebt haben. Aber all das auch niederzuschreiben, liegt ihnen fern. Das ist viel Arbeit und kostet reichlich Zeit. Und die nutzen sie doch besser nach ihrer Façon. Setzen sich also hin und planen die nächste gemeinsame „Welterfahrung“ per Rad.

Die Russland-Tour der Höhles ist eine Benefiz-Aktion des Vereins Nadjeschda. Spendenwillige können dieses Projekt mit 50 Cent pro gefahrenem Kilometer unterstützen. Der Gesamterlös ist für das Diözesan-Projekt „Pilgerhaus Rosenkranz-Gemeinde Wladimir“ bestimmt. Spendenkonto „Nadjeschda“, Sparkasse Erlangen: Kto. 22001764, BLZ 76350000. Verwendungszweck: „Pilgerhaus Rosenkranz-Gemeinde Wladimir“.

Keine Kommentare