Reiz der Reduktion und störrische Kamele

28.8.2010, 23:00 Uhr
Reiz der Reduktion und störrische Kamele

© Bernd Böhner

mehr braucht Walter Förster nicht, um auf der Leinwand mit Stiften und Wasserfarben seine „wüstenähnlichen Landschaften“ zu erschaffen. Die imaginären Aufnahmen bestechen mit ihren sanft geschwungenen Formen ebenso wie durch die aufwändig strukturierte Oberfläche. Die Faszination sandiger Umgebungen hat Walter Förster schon als junger Mann entdeckt, als er während einer Studienreise vom spanischen Festland nach Tanger übersetzte. „Der Traum vom Orient hat sich damals festgesetzt“, erinnert sich der Igelsdorfer.

Doch erst als seine drei Kinder erwachsen waren, fuhr er wieder in die Wüste. Gemeinsam mit seiner Frau Erdmute erkundete Förster im Laufe der Jahre dann Sanddünen in Tunesien und Ägypten, Marokko, Namibia, Jordanien und dem Jemen. Dabei hat er so manche abenteuerliche Begegnung erlebt, etwa mit einarmigen Taxifahrern oder störrischen Kamelen.

Inzwischen hat der Zeichner den Anblick der Wüste derart verinnerlicht, dass er ihre Formen aus dem Gedächtnis entwerfen kann – wie er überhaupt fast alle Arbeiten im Kopf entwickelt.

Mit dem ruhenden Bild „Sahara III“ hatte Förster 2001 zum ersten Mal die Jury des NN-Kunstpreises überzeugt, die ihn damals mit einem Anerkennungspreis bedachte. Inzwischen hat der Künstler die Reduktion noch weiter getrieben und auch die Farbe aus vielen Bildern genommen, in denen er dann mit Bleistift, Kohle und Kreide arbeitet: „Schwarz-weiß ist noch entschiedener, weniger sentimental.“ Zwei surreale Landschaftsgrafiken in diesem Stil bescherten ihm nun den 3. Platz beim diesjährigen NN-Kunstpreis (wir berichteten). „Es ist ein sehr fordernder Wettbewerb“, sagt Förster. „Man gibt das Beste, was man hat.“

Einen weiteren Schwerpunkt des 1936 geborenen Müncheners bildet die Beschäftigung mit Bauten, schließlich wollte er ursprünglich Architektur studieren. Nur weil in dem Fach schon alle Plätze belegt waren, bewarb er sich 1956 an der Akademie der Landeshauptstadt – eine Entscheidung, die er nie bereut hat: „Als Architekt müsste ich dauernd mit Firmen und Auftraggebern verhandeln. Das wäre nichts für mich.“ Sein Beruf Kunstlehrer, den er selbst als eine „Mischung aus Schauspieler, Clown, Dompteur und Polizist“ beschreibt, führte ihn 1965 nach Erlangen, wo er bis 1999 am Ohm-Gymnasium – zuletzt in Teilzeit – unterrichtete.

Wichtiges Anliegen war es Förster dabei, in einer immer hektischeren Welt den Schülern „sehen zu lernen“ und ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, „in einem Bild herumzuspazieren.“ Gleichzeitig wollte er auch „die Lust wecken, etwas selbst zu machen“.

Indem Förster seine Architekturen gerne aus ihrem Umfeld löst, erscheinen sie nur auf ihre Form reduziert und deshalb oft seltsam entrückt. Griffiger sind da die Venedig-Impressionen des Künstlers, die er in einem stimmigen Bildband zusammengetragen hat, der wie handgemalt wirkt. „Das Buch ist wie eine Reise konzipiert“, berichtet der Senior. Mit den Seiten werden die Bleistiftzeichnungen aber immer unrealistischer; Gebäude kippen, versinken oder werden verhüllt.

„Venedig und Untergang gehören untrennbar zusammen“, sagt der Natur- und Opernliebhaber, für den die Lagunen-Stadt längst „eine zweite Heimat“ geworden ist. „Wir machen gar nicht mehr viel, wir sind einfach nur dort“, erklärt das Ehepaar unisono, das seit über drei Jahrzehnten alljährlich einen längeren Venedig-Aufenthalt realisiert.

Obwohl Walter Förster die Stille ebenso wie die Konzentration aufs Wesentliche schätzt, kennzeichnet ihn auch ein Bedürfnis nach Lebendigkeit. „Es schlagen da zwei Herzen in einer Brust“, resümiert der NN-Kunstpreisträger. „Ich brauche Anregungen von außen.“ Wohl auch deshalb entwickelt er immer wieder neue Ideen, die er konsequent in Werkblöcken umsetzt: „Man muss aufpassen, dass die Kunst nicht starr wird und man sich nicht wiederholt.“
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