Selfmade-Ruderer der FAU zeigen es Europa

31.7.2018, 18:00 Uhr
Rudern für Deutschland, Rudern für die Deutsche Hochschul-Mannschaft.

Rudern für Deutschland, Rudern für die Deutsche Hochschul-Mannschaft.

Zuerst war da Enttäuschung. Erschöpfung, natürlich, nach 2000 Metern Rudern. Doch auch: Enttäuschung. Drei Viertel des Rennens hatten sie geführt, die vier Sportlerinnen der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie lagen vor der Cambridge University, der Delft Universität der Niederlande und der University London. Große Hochschulen mit einer großen Ruder-Tradition. Trotzdem mischten Larissa Bugert, Luisa Mathern, Vera Brockherde und Ruth Hotop im Frauen-Doppelvierer vorne mit.

"Unsere Taktik war: Vorne voll raus, möglichst viel Abstand aufbauen", sagt Ruth Hotop. 1500 Meter hatten sie geführt, dann startete die Reading University aus Großbritannien ihren Endspurt und kassierte das Boot der FAU. So war es am Ende nur Silber. "Zuerst war das ein kleiner Wermutstropfen", sagt Hotop. "Wir haben schnell angefangen, haben gesagt, dass wir uns nichts aufheben im Rennen. Wir wussten, dass mehr drin war." Mehr, also Gold.

Gold vor all diesen Elite-Unis, die viel Geld in ihre Sportprogramme stecken. Um Silber bei den European University Games, den europäischen Hochschulmeisterschaften, einschätzen zu können, muss man die anderen Teams kennen — und auch die Geschichte der FAU-Ruderer. Die gab es so eigentlich nicht. Bis im Jahr 2015 mit Hedwig Stegmann und Ruth Hotop zwei ehemalige Junior-Leistungssportlerinnen nach Erlangen kamen, in erster Linie um Medizin zu studieren.

Weil beide rudern wollten, gründeten sie eine Studenten-Gruppe. Von der Universität aber gab es keine Unterstützung. Deswegen gehört das Team nun zum Ruderverein Erlangen, alle Mitglieder der Studentengruppe sind Vereinsmitglieder und trainieren auch dort, am Main-Donau-Kanal. Mit Erfolg, wie sich zeigt.

Bei den European University Games (EUG) haben die Erlangerinnen trotzdem gemerkt, was es heißt, eine "selfmade-Truppe" zu sein. "Wir waren das einzige Team ohne Trainer", sagt die 26-jährige Hotop. "Bei den anderen Teams gehört Rudern zum Uni-Sport Nummer eins, Camebridge zum Beispiel ist bekannt für das eigene Ruderprogramm." Die Studenten treten für ihre Hochschulen an, müssen aber auch aufpassen, ihre Leistung zu bringen, "sonst fliegen die von der Uni".

Selfmade-Ruderer der FAU zeigen es Europa

Ein ganz anderes System als in Deutschland, Rudern ist für die FAU-Studentinnen ein ambitioniertes Hobby, mehr nicht. Finanzielle Unterstützung für die Reise zu den EUG in Coimbra, Portugal, gab es vom Förderverein für Hochschulsport. "Alles bis auf An- und Abreise wurde übernommen", sagt Hotop. Die Kosten hielten sich so in Grenzen für die vier Sportlerinnen.

Ziel war eine Medaille. "Doch wir hatten vorab großen Respekt vor den Gegnern", sagt Hotop. Insgesamt hatten sich für den Frauen-Doppelvierer nun sechs Boote qualifiziert, es gab also nur ein Bahnverteilungs-Rennen und dann gleich das Finale. "Die anderen Teams sind sehr gut gerudert und sahen krass aus", meint Hotop. Die Konkurrentinnen waren größer, härter trainiert, muskulöser. "Das war beeindruckend."

Kurz vor dem entscheidenden Rennen, dem wichtigsten der ganzen Saison, ging dann auch noch ein Skull, also ein Ruderblatt kaputt. Einen Coach hatten die vier Studentinnen nicht. "Wir haben alle kurz Panik bekommen, ich musste kühlen Kopf bewahren", sagt Hotop. Einen Teambetreuer hatten sie diesmal ausnahmsweise schon, einen der sich um alle deutschen Hochschulsportler kümmerte. "Wir haben ihn angerufen und konnten uns dann noch die Skulls von einem Team aus Würzburg leihen."

Es war nicht der einzige aufregende Moment in Portugal, die Organisatoren wirkten mit der Riesen-Veranstaltung mit mehreren Tausend beteiligten Athleten und Helfern zeitweise überfordert. "Mal kam das Bus-Shuttle zu spät, mal fiel das Frühstück aus", sagt Hotop. Doch es gab auch tolle Erlebnisse bei diesem Multisport-Event, zum Beispiel die Eröffnungsfeier. "Jede Universität ist mit einem eigenen Plakat eingelaufen." Die vier Erlangerinnen trugen das Schild der FAU in den Innenhof des portugiesischen Universitätsgebäudes. Und dann war da ja noch die Silbermedaille.

Darüber haben sich die Ruderinnen natürlich dann doch gefreut. Und auch sonst "haben wir das Beste daraus gemacht und die Games genossen", sagt Hotop. Gefeiert haben die Studentinnen auch ein wenig, allerdings erst nach den Rennen. "Da gab es mit allen Ruderern schon eine Party." Es dürfte nicht die letzte gewesen sein. Und spätestens 2019 stehen ja schon die nächsten europäischen Hochschulmeisterschaften an. Auch dafür hat sich die FAU bereits qualifiziert, dann sogar mit zwei Booten, dem Frauen-Doppelvierer und dem Frauen-Achter. Die Reisegruppe der "Selfmade-Ruderer" dürfte also sogar noch wachsen.

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