Setzt Erlanger Jobcenter Arbeitssuchende unter Druck?

8.3.2013, 11:05 Uhr
Setzt Erlanger Jobcenter Arbeitssuchende unter Druck?

© Bernd Böhner

„Vermittlungshemmnis Arbeitslosigkeit“: Für den gesunden Menschenverstand ist es eine Köpenickiade, wenn einem Arbeitssuchenden dies von einem Jobcenter attestiert wird.

Doch genau mit diesem und weiteren, allerdings schwerwiegenderen Kritikpunkten am mit der Stadt kooperierenden Jobcenter GGFA ist das Erlanger Sozialforum kürzlich an die Stadträte herangetreten. Nach einem Fraktionsantrag der Linken wurde die GGFA beauftragt, Stellung zu nehmen. Das hat sie nun getan und ihre Ausführungen den Stadträten im Sozialausschuss vorgelegt.

Damit ist das Thema jedoch nicht vom Tisch. Es wurde vereinbart, dass es zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf die Tagesordnung kommt — dann nämlich, wenn die Betroffenen selbst zu Wort gekommen sind: Das Amt für Statistik soll jetzt eine Umfrage unter Hartz IV-Empfängern durchführen.

Doch worum geht es nun genau? Sogenannte Eingliederungsvereinbarungen, kurz EGV, sollen laut Gesetz zur Eingliederung von Hartz IV-Empfängern in den Arbeitsmarkt beitragen. Wer sie unterschreibt, erklärt sich damit einverstanden, zum Beispiel an Bildungsmaßnahmen oder Förderhilfen teilzunehmen. Direkt kann man nicht zur Unterschrift gezwungen werden — indirekt zur Teilnahme aber dann doch: Jobcenter dürfen den Inhalt einer verweigerten Vereinbarung dem Hartz IV-Empfänger per Bescheid auferlegen. Der kann sich wehren und beim Jobcenter Widerspruch einlegen. Falls das Jobcenter den Widerspruch ablehnt, kann der Kunde beim Sozialgericht Klage einlegen. Eine kurzfristige Bildungsmaßnahme kann dann, bei Verfahrenszeiten von etwa einem Jahr, zu einer Art Marathon ausarten.

Sozialforum will Rücktrittsrecht

In dieser Regelung ist reichlich Konfliktstoff enthalten — und zwar auch schon gleich zu Anfang, wenn Arbeitssuchende erstmals Eingliederungsvereinbarungen vorgelegt bekommen. „Wir wollen sicher sein, dass Leute nicht unter Druck gesetzt werden, etwas zu unterschreiben, was sie eigentlich gar nicht wollen“, sagt Florian Pöhlmann vom Sozialforum. Doch viele Leute, die die Hartz IV-Beratung des Sozialforums aufsuchen, würden darüber klagen, dass genau dies bei der GGFA gemacht werde.

Deshalb, so Pöhlmann, wolle das Sozialforum, dass ein 14-tägiges Rücktrittsrecht eingeführt werde. Denn dann hätten GGFA-Mitarbeiter nichts davon, wenn sie Druck ausübten. Kritik kommt vom Sozialforum auch zu einer Reihe von anderen Punkten — und mündet in dem Vorwurf, dass bei der GGFA nicht auf die Leute eingegangen und teilweise auch schlampig gearbeitet werde.

So hart wollte es Bernd Schnackig vom Sozialbeirat im Ausschuss nicht ausdrücken. Doch zufrieden war auch er nicht, nachdem GGFA-Vorstand Axel Lindner zu verschiedenen Vorwürfen Stellung genommen hatte. „Ich sehe das Bemühen der GGFA und ihrer Mitarbeiter“, sagte er.

Trotzdem habe die Behörde noch „Nacharbeitungsbedarf“. Denn auf der Kundenseite — und das heißt: bei den Ratsuchenden — würden die guten Absichten der GGFA so nicht wahrgenommen. Zielführend sei es da auch nicht, wenn Axel Lindner sage, dass die GGFA sich um einen besseren Kontakt mit den Beratungsstellen bemühen wolle. Denn nicht nur die Ratsuchenden dort, sondern ausnahmslos alle Kunden sollten sich in günstigster Weise behandelt fühlen.

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