Thema Asyl: Erlanger Professorin widerspricht der CSU

14.1.2015, 06:00 Uhr
Thema Asyl: Erlanger Professorin widerspricht der CSU

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Die wissenschaftliche Analyse des jüngsten CSU-Papiers fällt nicht gerade schmeichelhaft aus. Schnellere Asylverfahren, erleichterte Ausweisungen sowie eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen in Europa sind die zentralen Thesen des neuen CSU-Grundsatzpapiers. Flüchtlingsverbände werfen der CSU wegen ihrem Asylkurs oft Populismus vor.

Tatsächlich stelle sich die Frage, warum das Grundsatzpapier jetzt kommt, gibt Bendel zu bedenken. Denn wer sich die Punkte, für die sich die Christsozialen auf ihrer diesjährigen Klausurtagung ausgesprochen haben, genauer anschaut, merkt nach Bendels Angaben sofort: „Keines dieser Konzepte ist neu — verlangen diese doch bereits das EU-Recht wie auch der Koalitionsvertrag seit 2013.“

300 neue Stellen im Bamf

Auch hätten Bundestag und Bundesregierung in allen drei Themenfeldern bereits Fakten geschaffen, sagt die Professorin der Erlanger Friedrich-Alexander-Universität (FAU). So legt die EU-Asylverfahrensrichtlinie fest, dass Asylverfahren in der EU innerhalb von höchstens sechs Monaten abgeschlossen werden sollen.

Diese Frist kann, etwa bei hohen Zugangszahlen, auf bis zu 15 Monate verlängert werden. Die EU-Mitgliedstaaten können auch günstigere Standards einräumen als die in der Richtlinie fixierten. So hat der Koalitionsvertrag der von CDU/CSU und SPD geführten Bundesregierung bestimmt, dass die Verfahren hierzulande auf drei Monate verkürzt werden sollen. Im Sommer 2014 hat der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition drei Balkanstaaten als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft, deren Verfahren kürzer dauern. Außerdem hat die Bundesregierung dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg zur Beschleunigung der Verfahren 300 neue Stellen zugesagt.

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Fraglich sei, ob eine Verkürzung der Verfahren an sich bereits einen besseren Standard darstellt, so die FAU-Professorin. Zwar könne eine Verkürzung für den Antragsteller eine Erleichterung darstellen; entscheidend aber ist die Qualität der Verfahren. Manche Verfahren bedürfen der intensiven Recherche, etwa dann, wenn sich die Situation in einem Herkunftsland schnell verändert.

Das EU-Recht hat die Möglichkeit „beschleunigter Verfahren“. Darunter fallen die deutschen Flughafenverfahren, bei denen geringere Verfahrensstandards und eine Gesamtdauer von höchstens 19 Tagen gelten. Bislang stehe eine Erklärung der CSU aus, wie sie sich eine Ausweitung solcher Schnellverfahren vorstellt und wie sie dabei die notwendigen Verfahrensgarantien sichern will, kritisiert Bendel.

Bei den Flughafenverfahren ist es den Antragstellern in knapper Frist kaum möglich, die Anhörung vorzubereiten, einen Anwalt zu suchen und bei Ablehnung Rechtsbehelf einzulegen. Es steige die Gefahr von Fehlentscheidungen dort, wo es um den Kernbestand des internationalen Schutzes geht. Schlimmstenfalls drohten einem Zurückgewiesenen im Herkunftsland wiederholte Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen.

Die beschleunigte Abschiebung (hier: „Verbesserung der Aufenthaltsbeendigung“) sei keine Neuigkeit, „hat doch das Bundeskabinett noch vor der Weihnachtspause ein vereinfachtes Abschiebeverfahren erlassen.“ Viele Asylsuchende müssten jedoch eine Duldung erhalten, weil sie nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, zum Beispiel, weil Krankheiten die Situation im Herkunftsland oder die Verweigerung von Dokumenten dies nicht zulassen.

Eine Abschiebung in einem Fall, in dem ein Antragsteller in einen EU-Mitgliedstaat rücküberführt werden soll („Dublin-Fall“) – funktioniere in vielen Fällen nicht. So wurde etwa aufgrund systemischer Mängel bei Aufnahme und Verfahren auf Rücküberstellungen nach Griechenland ganz verzichtet. In etlichen Fällen sehen Verwaltungsgerichte auch schon von Überstellungen nach Italien ab, weitere Staaten stehen auf der Mängelliste.

Offenkundig müsse daher, wie die CSU in Wildbad Kreuth forderte, über die Frage einer gerechteren Verteilung von Flüchtlingen im Inneren der EU neu verhandelt werden. „Aber“, sagt Bendel, „auch diese Forderung hat der Bundesinnenminister bereits im Oktober auf den Brüsseler Verhandlungstisch gelegt. Nicht viel Neues also in Wildbad Kreuth.“

Petra Bendel moderiert am Freitag, 30. Januar, 20 Uhr, im Pacelli Haus (Sieboldstraße 3) eine Debatte zu Flüchtlingsschicksalen. Es diskutieren Innenminister Joachim Herrmann, OB Florian Janik, Alexander Thal (Bayerischer Flüchtlingsrat), Pfarrer Matthias Wünsche (Gemeinde Herz Jesu) und Mohamed Abuelqomsan (Islamische Gemeinde).

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