Vielfalt und Expression

2.12.2011, 00:00 Uhr
Vielfalt und Expression

© Bernd Böhner

Die Hängekommission war sichtlich bemüht zwischen den vielen Einzelwerken, die vor den Augen der Jury Gnade gefunden hatten, Korrespondenzen zu schaffen. Die ergeben sich relativ einfach im Bereich der ungegenständlichen Malerei, die allerdings, dem allgemeinen Trend entsprechend, im Schwinden begriffen ist. Herbert Bessel gehört mit seinen zeichenhaften Bildern, ebenso wie Horst Heidolph mit seinen spielerischen Konstruktionen, zu den regionalen Klassikern einer streng formalen Abstraktion. In Ilse Feiners Triptychon wird die statische Konstruktion in einen zeitlichen Ablauf verwandelt.

Walter Förster entwirft in seiner Bleistiftzeichnung einen linearen Illusionsraum aus Licht und Schatten, der deutlich auf seinen Ursprung in der Landschaft verweist. Uwe Schein erzeugt mit dem spontan aus der Bewegung der Hand geführten Bleistift meditative Bildräume. Die doktrinäre Abstraktion gilt nicht mehr, ebenso wenig wie für die Farbstufenbilder von Roland Hanusch und Udo Kaller. Sie assoziieren einen ungenannten Gegenstand, der schließlich in Gabriele Mehlhorn-Deckers Stadtbild zutage tritt und in den Mischtechniken Alexandra Riedls skizzenhaft in Erinnerung gerufen wird.

Das Gegenständliche existiert ohnehin nur in zahlreichen Abstufungen gegenüber seiner realen Erscheinung. Die geläufige Vorstellung von realistischer Landschaft ist von der immer etwas unscharfen vorimpressionistischen Malerei des 19. Jahrhunderts geprägt. Infolgedessen wirken die fotorealistisch gemalten Bilder von Manfred Hönig durch ihre Detailschärfe nicht mehr wirklich realistisch. Deren radikaler Realismus verflüchtigt sich ohnehin bei Betrachtung aus der Nähe. Michael Engelhardts Federzeichnungen, mit oder ohne Lavierung, lassen keine Zweifel daran aufkommen, dass es sich nicht um natürliche, sondern um künstliche Gestaltungen handelt.

Landschaftliche Erinnerungen

Die Positionen zum Motiv Landschaft sind subjektiv definiert. Thomas Richter verwandelt seine landschaftlichen Erinnerungen in Traumbilder von hohem atmosphärischem Reiz. Ein Geheimnis scheint auch das Vorstadtmotiv von Holger Lehfeld und „Jurawald“ von Barbara Gröne-Trux zu verbergen, Bilder von prononcierter Einfachheit im Motiv.

Eine expressive Malweise bestimmt das Bild, das sich Brigitta Heyduck vom „Alten Kanal“ macht. Erika Zimmermann gelingt es in ihrem „Gomera“-Triptychon, die äußerliche Erscheinung des Motivs vollständig in expressive Farbigkeit zu verwandeln.

Das alte, aber selten auftretende Motiv „Landschaft mit Figur“ hat Anna-Maria Kursawe in ihren Miniaturen erneuert: Die Begegnung von Mensch und Landschaft bleibt im Geheimnis verborgen. Eine rein figürliche Malerei bevorzugt Barbara Heun in ihren ironischen Großporträts, während Barbara Lidfors ihre Menschen in perspektivischen Innenräumen ansiedelt. In dem Triptychon von Barbara Mechler scheinen sie aus Bildgründen hervorzugehen, die ihrerseits über einem gemusterten Stoffgrund stehen. Peggy Kleinert braucht sich um solche Differenzen nicht zu kümmern: Ihr gelingt es, die so genannte Wirklichkeit zwanglos in eine skurrile Comic-Welt zu verwandeln. Bleiben die Wunderkammern, in denen zwischen Außen- und Innenwelt nicht mehr unterschieden wird. Susanne Cindric entdeckt in ihren Tuschezeichnungen eine gespenstische Unterwasserwelt und Jutta Cuntze in Zeichnung und Aquarell die unheimliche Fremdartigkeit der Insekten. Katja Wunderling und Ute Vauk-Ogawa formen ihre Bilder mit organischen Materialien. Tommy Petzold errichtet in virtuoser Zeichnung eine neue Realität aus den Fragmenten der gewohnten, und Hermine Gold gelingt mit minimalen Mitteln etwas Seltenes: die humoristische Verwandlung des Alltags.

Leider scheint die Unsitte, Arbeiten von Jurymitgliedern in die Ausstellung aufzunehmen, unausrottbar zu sein. Dass der Lapsus am jeweiligen Bild notiert ist, verschlimmert die Sache eher noch. Wer sollte ihr Juror gewesen sein? Gott?

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