Wer haftet, wenn Flüchtlinge in Erlangen einen Unfall bauen?

3.9.2015, 19:24 Uhr
Wer haftet, wenn Flüchtlinge in Erlangen einen Unfall bauen?

© Archivfoto: Bernd Böhner

Dank zahlreicher Spenden besitzt fast jeder Flüchtling ein Fahrrad. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass er damit auch sicher umgehen kann. Mit wackeligem Fahrstil, Unsicherheit und Unwissenheit über die Verkehrsregeln ist es schnell passiert.

Das parkende Auto am Straßenrad hat einen Kratzer oder der Fußgänger am Zebrastreifen wird angefahren, stürzt und muss im Krankenhaus behandelt werden. Als Unfallverursacher keine angenehme Situation, auch wenn man für den entstandenen Schaden nicht selbst aufkommen muss, sondern die Haftpflichtversicherung greift.

Bei Flüchtlingen schaut die Situation da anders aus. „Allgemeine Versicherungen nehmen Asylbewerber nicht auf“, solange ihr Bleiberecht nicht bestätigt ist, berichtet Hannah Reuter, Pressesprecherin des Landratsamts Erlangen-Höchstadt. Im Landkreis ist ihr ein Fall bekannt, bei dem einem Flüchtling der Abschluss einer Versicherung versagt wurde.

Die geschädigte Person kann zivilrechtlich gegen den Verursacher vorgehen und Anzeige erstatten. Hat derjenige aber nicht die notwendigen finanziellen Möglichkeiten, um den Schaden aus eigener Tasche zu bezahlen, „ist das halt dann die Schwierigkeit“, so die Pressesprecherin.

Einem Asylbewerber stehen monatlich 352 Euro Sozialleistungen zur Verfügung. Dass davon eine Werkstattrechnung oder eine Krankenhausbehandlung finanziert werden kann, ist unwahrscheinlich. Die Frage, wer für die anfallenden Kosten aufkommt, kann Hannah Reuter nicht beantworten.

Auch Christofer Zwanzig, Pressesprecher der Stadt Erlangen, ist überfragt und verweist an die Regierung Mittelfranken, deren Aufgabe es sei, die Flüchtlingsbetreuung zu regeln. In Ansbach jedoch herrscht ebenfalls Ratlosigkeit, aber das Sozialministerium in München müsse da mehr wissen.

Kommune ist nicht zuständig - doch wer dann?

Mehr wissen die Zuständigen im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration allerdings auch nicht wirklich. Stellvertretende Pressesprecherin Heike Baumann berichtet, dass beim Schadensersatz keine Besonderheit für Asylbewerber gilt.

Wer in Deutschland „einen Schaden schuldhaft verursacht“, muss diesen auch begleichen. Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist nicht verpflichtet, auch für den deutschen Staatsbürger nicht. Bei 30 Prozent der deutschen Bevölkerung besteht, laut Baumann, kein ausreichender Versicherungsschutz.

Kann der Verursacher nicht für den Schaden aufkommen, besteht weder für Staat noch Kommunen „eine subsidiäre Einstandspflicht“. Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt die Leistungen für Asylbewerber auf Bundesebene. Eine Absicherung des Haftpflichtrisikos gehört nicht dazu. Ist der Antrag auf Bleiberecht genehmigt, können Flüchtlinge aus eigenen Mitteln eine Versicherung abschließen.

Und wer bezahlt jetzt den Schaden am verkratzten Fahrzeug? Asylbewerber verfügen nicht über die finanziellen Mittel, um die Reparatur aus eigener Tasche zu bezahlen und der Staat und die Kommunen sind nicht zur Kostenübernahme verpflichtet. Tja, Pech gehabt, bestätigt auch das Bayerische Staatsministerium für Justiz: Man bleibt als Geschädigter auf den Kosten sitzen.

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