Erschreckend: Alltagsrassismus in Bayern besonders hoch

7.11.2014, 18:33 Uhr
In allen rechtsextremen "Disziplinen“ liegen die Bayern über dem westdeutschen Durchschnitt, in vielen auch über dem ostdeutschen Rechtsextremismus-Niveau.

© dpa In allen rechtsextremen "Disziplinen“ liegen die Bayern über dem westdeutschen Durchschnitt, in vielen auch über dem ostdeutschen Rechtsextremismus-Niveau.

"Wir haben es in weiten Teilen der Bevölkerung mit rechtsextremen Einstellungen zu tun“, sagte Studienmitverfasser Oliver Decker am Freitag in München. Zwischen 2002 und 2014 haben die Studienverfasser im zweijährigen Rhythmus bundesweit etwa 20 000 und in Bayern 2652 Menschen ab 14 Jahren zu ihren Einstellungen befragt. Rechtsextreme Haltungen wurden dabei für sechs Bereiche abgefragt: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus.

Das Ergebnis: In all diesen rechtsextremen „Disziplinen“ liegen die Bayern über dem westdeutschen Durchschnitt, in vielen auch über dem ostdeutschen Rechtsextremismus-Niveau. So stimmt nach der „Mitte“- Studie jeder dritte Bayer (33,1 Prozent) Aussagen mit ausländerfeindlichem Inhalt zu, etwa: „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ In Ostdeutschland sind es 30,5 und in den übrigen westdeutschen Ländern ohne Bayern 20 Prozent.

Einen überraschenden Spitzenplatz belegt der Freistaat auch beim Antisemitismus: 12,6 Prozent stimmten Thesen zu wie: „Die Juden arbeiten mehr als andere Menschen mit üblen Tricks.“ Oder: „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß.“ In den anderen westdeutschen Ländern neigen 8,4 Prozent und in Ostdeutschland nur 6,1 Prozent diesen Ansichten zu.

Sehr verbreitet ist in Bayern die Islamfeindlichkeit, worin sich die Bewohner des Freistaats allerdings nicht von denen im übrigen Deutschland unterscheiden. 62,8 Prozent meinen, dass die islamische Welt rückständig sei und sich den neuen Realitäten verweigere. 63,3 Prozent halten den Islam für eine „archaische Religion, die unfähig ist, sich an die Gegenwart anzupassen“ und 46 Prozent forderten, Muslimen die Zuwanderung
nach Deutschland zu untersagen. Die Islamfeindschaft, warnte Studienverfasser Decker, „scheint eine Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus zu sein“.

Rechtsextremismus ein gesamtgesellschaftliches Problem

Jeder vierte Bayer (26,4 Prozent) findet Gefallen an chauvinistischen Aussagen wie: „Das oberste Ziel der deutschen Politik sollte es sein, Deutschland die Macht und Geltung zu verschaffen, die ihm zusteht“ - deutlich mehr als in den anderen westlichen Ländern (16,2 Prozent) und Ostdeutschland (17,2 Prozent). 6,4 Prozent der Bayern befürworten eine rechtsautoritäre Diktatur - etwa so viele wie in Ostdeutschland (6,6 Prozent), aber weniger als im übrigen Westdeutschland.

Nach diesem eher erschreckenden Bild erstaunt es, dass die Demokratie „als Idee“ von 95,6 Prozent und „wie in der Verfassung niedergelegt“ von 86,4 Prozent der Bayern unterstützt wird - mehr als im Rest der Republik.

Die Studie zeige, dass Rechtsextremismus ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht nur am Rande der Gesellschaft zu finden sei, sagte die Extremismus-Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze. Es reiche daher nicht aus, wenn die CSU-Staatsregierung Rechtsextremismus nur als Aufgabe von Polizei und Verfassungsschutz begreife.

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