Als die Christnachtäpfel blühten

23.12.2011, 17:59 Uhr
Als die Christnachtäpfel blühten

© Roland Huber

Als Vorgänger des Christbaums galt in der Region der Barbarazweig, der heute noch manche Weihnachtsstuben schmückt. Am Barbaratag, dem 4. Dezember, wurden Zweige von Kirschbaum, Flieder, Schlehe oder Kastanie in eine Vase mit warmem Wasser gestellt. An Weihnachten sollen die Triebe geblüht und im festlichen Zimmer an das Paradies erinnert haben. Auf das Paradies spielt auch die Sage um die Christnachtäpfel an. „Nicht weit von dem nürnbergischen Städtlein Grävenberg und auch in der Vorstadt desselben stehen etliche Bäume, welche (...) in der Christnacht nach dem alten Kalender gerechnet nicht allein blühen, sondern auch als bald darauf kleine Äpfelein tragen“, schrieb der Theologe Johann Michael Dilherr im Jahr 1663.

Als die Christnachtäpfel blühten

© Roland Huber

200 Jahre später hielt der Christbaum Einzug in die Stuben. Sein Schmuck war von jeher gewissen Trends unterlegen. „Vor dem Ersten Weltkrieg gab es beispielsweise Kugeln mit dem Bild des Kaisers, auch Zeppeline oder Eiserne Kreuze wurden als Baumschmuck angeboten“, weiß Christina König, Mitarbeiterin des Forchheimer Pfalzmuseums. Zugleich sei ein anderer Trend aufgekommen: Die Bäume wurden mit Engelshaar geschmückt, das in den 1950ern und 60ern wiederum vom Lametta abgelöst wurde. Gleichzeitig war es Mode, den Baum in einer bestimmten Farbe zu schmücken.

Als die Christnachtäpfel blühten

© Roland Huber

Inzwischen gibt es eine Tendenz zurück zu den Ursprüngen. Das Lametta gehört in der Fränkischen Schweiz nicht dazu. Dafür bunte Glaskugeln, Glöckchen, Vögel und Engel.

In christlichen Familien gehört der Besuch des Gottesdienstes am Heiligen Abend fest dazu. „Traditionell wird die Christmette um 24 Uhr gefeiert“, erklärt der langjährige katholische Pfarrer Ebermannstadts, Hans Hübner. Meistens wurde die Mette gegen 23.30 Uhr eröffnet. Die eigentliche Eucharistiefeier begann erst um 24 Uhr.

In der Kapelle St. Moritz bei Leutenbach wird die Christmette auch heute noch ganz traditionell gefeiert. Die Gläubigen wandern dann mit Fackeln zur Kapelle — womit ebenfalls an frühere Zeiten angeknüpft wird. „Es sieht sehr romantisch und weihnachtlich aus, wenn die frommen Leute mit ihren Laternen in der Hand (...) zur hellerleuchteten Kirche gehen, wo heute der Heiland geboren wird“, schrieb ein Lehrer namens Rink anno 1930 diesen Brauch nieder.

Auch an den beiden Feiertagen gehörten und gehören die Gottesdienste dazu: „Am 25. Dezember wird in der Frühmesse das Hirtenamt zelebriert“, erklärt Pfarrer Hans Hübner. Hauptgottesdienst ist das Hochamt, das später an diesem Tag gefeiert wird, und in dem der Prolog des Johannes-Evangeliums mit der Weihnachtsbotschaft zitiert wird.

In Moggast war der Gottesdienst am zweiten Feiertag von besonderer Bedeutung. „Das ist das Fest des Heiligen Stephanus“, erklärt Hübner. Als Patron der Moggaster Pfarrkirche fand zu diesem Anlass der Stephanusritt statt. „Erst in jüngeren Jahren wurde dieser Brauch auf das Kirchweihfest im Sommer verlegt“, weiß der ehemalige Dekan.

Auch in evangelischen Gemeinden sind die Kirchen bei den Weihnachtsgottesdiensten traditionell „tüchtig besucht“, sagt Rudi Löw. Er weiß, wovon er spricht: Der 82-Jährige saß mehr als 60 Jahre lang an der Orgel der evangelischen Kirche seiner Heimatgemeinde Unterleinleiter. An Heiligabend sei früher ein Abendgottesdienst um 17 Uhr gefeiert worden. Erst in jüngerer Zeit sei dieser auf 22 Uhr verschoben worden.

Heimelig sei es immer gewesen, berichtet Rudi Löw. „Vor dem Krieg hatten wir in der Kirche noch kein elektrisches Licht, dafür stand auf jeder Bank eine Kerze.“ Auch am Christbaum brannten die Kerzen — bis heute übrigens brennen am Baum in Unterleinleiter echte Kerzen. Zum gemeinsamen Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ wird noch immer ganz traditionell ohne Orgelbegleitung und nur im Kerzenschein gesungen.

Auch an den beiden Feiertagen zog und zieht es die evangelischen Gläubigen Unterleinleiters in die Kirche. Zwei Gottesdienste werden traditionell gefeiert, erzählt Rudi Löw. „Einen ersten, etwas ausführlicheren einen zweiten, zurückhaltenderen.“

Pfeffern, Fitzeln, Dengeln, Peitschen: Zwischen dem 26. Dezember und dem Dreikönigstag gehörte das zum traditionellen Brauchtum in der Fränkischen Schweiz. Besonders am Tag der „Unschuldigen Kindlein“, dem 28. Dezember, und am Neujahrstag haben Kinder mit einem frucht- und glückbringenden Zweig oder einer gebundenen Rute Eltern, Verwandte oder Nachbarn berührt und dabei Sprüche wie „Fitzel, fitzel gut, schmeckt der Pfeffer gut? Gib mir was nei in mein Hut!“ aufgesagt. Damit der Segenswunsch Wirklichkeit wurde, musste mit einer Gabe — Plätzchen, Pfefferkuchen oder Süßigkeiten — gedankt werden.

Im fränkischen Jura hatte sich zu den üblichen Bräuchen rund um die Weihnachtstage mancher Aberglaube gesellt. Den Glauben an Geister oder dunkle Mächte versuchte man am Christabend mit bestimmten Ritualen zu brechen. So wurden zum Beispiel alle Besen mit dem Stiel nach unten in die Ecken gestellt, damit die Druden im Besen hängen blieben und keinem Leid zufügen konnten. Wohnräume, Küche und Stall wurden außerdem mit geweihten Kräutern geräuchert. Im Ahorntal bekam das Vieh an Heiligabend etwas Kleie, geweihtes Salz und vom Wurzbüschel abgeriebene Blüten. Die Stängel der Büschel wurden angezündet und im Stall schnell auf- und abgetragen, damit sie nicht brannten, sondern nur rauchten. Am Vorabend von Neujahr und Dreikönig wurde dieses Ritual wiederholt.

Aus manchen Ereignissen am 24. Dezember wurde außerdem Glück und Unglück für das kommende Jahr hergeleitet: So schaute jeder im Kerzenlicht auf seinen Schatten. Bei wessen Schatten der Kopf fehlte, der sollte im folgenden Jahr sterben.

Vor allem die zwölf heiligen Nächte vom Heiligen Abend bis Dreikönig galten als Zeit voll Spuk und Zauberei. Man erzählte sich, dass wahr werde, was man in diesen Nächten träumte, dass kein Bett abgezogen werden sollte, sonst sterbe jemand und dass man nicht backen sollte, sonst brenne im nächsten Jahr das Haus.

Der Aufbau von Weihnachtskrippen hat in der Fränkischen Schweiz eine lange Tradition. Schon im 17. Jahrhundert wurden in vielen Kirchen Krippen eingerichtet, so auch 1647 in Gößweinstein. Hier gibt es noch heute zwei Krippen: Eine große Weihnachtskrippe, die eigens für die Festtage aufgebaut wird, und eine Jahreskrippe mit Figuren, die Friedrich Theiler am Ende des 18. Jahrhunderts gefertigt haben soll. Die setzt Oswald Neuner von den Krippenfreunden Gößweinstein seit einigen Jahren je nach Anlass im Kirchenjahr in Szene.

Die Hauskrippen haben sich ebenfalls vom 17. Jahrhundert an verbreitet, fanden jedoch zunächst in den Wohnstuben wohlhabenderer Bürger Platz. Zu einer wahren Krippenbewegung kam es seit den 20er Jahren des 20. Jahrhundert. Man wollte die Krippenkunst erneuern, fernab von der Massenproduktion des 19. Jahrhunderts. Heute werden in vielen Häusern Weihnachtskrippen aufgebaut.

(Grundlage der Recherchen war das Buch „Weihnacht in Franken“ von Diethard H. Klein, veröffentlicht 1992 von der Bayerischen Verlagsanstalt Bamberg)

Keine Kommentare