Baustelle ICE-Trasse: Neue Signalmasten schweben ein

15.4.2017, 18:00 Uhr
Langsam schwebt der Signalmast über den Köpfen der Arbeiter neben dem Gleis ein.

© Michael Müller Langsam schwebt der Signalmast über den Köpfen der Arbeiter neben dem Gleis ein.

10 Uhr am Karsamstag, ein staubiger Feldweg neben dem Hirschaider Bahnhof. Dicht über meinem Kopf knattert ein Hubschrauber und eine riesige Staubwolke hüllt mich ein. Gut 100 Meter vor meiner Nase schwebt ein 700 Kilo schwerer Signalmast abwärts. 60 Stück davon sollen bis 15 Uhr an ihrem Platz stehen.

Langsam senkt sich der Mast Richtung Erde, Arbeiter greifen danach und führen das schwere Bauteil an die vorbereitete Stelle neben den Gleisen, wo schon ein Fundament auf den Mast wartet. Schnell geht alles, die Handgriffe sitzen. "Wir kalkulieren fünf Minuten pro Mast", erklärt Frank Kniestedt, Pressesprecher der Deutschen Bahn. Gemeint ist die knappe Zeitspanne, die der Hubschrauber benötigt, um einen Mast am Lagerplatz aufzunehmen, an Ort und Stelle zu fliegen und abzusetzen.

Als sich die Staubwolke um mich gelegt hat, ist der Hubschrauber schon wieder auf dem Weg zu dem geschotterten Lagerplatz neben dem Bahnhof, wo weitere Masten bereit liegen.

"Keine Zeit, der Wind wird immer stärker"

Schneller als gedacht gehen die Arbeiten auch voran: Rund eine halbe Stunde vor dem Zeitplan zieht der Bautrupp weiter nach Süden. Die nächsten Masten warten auf einer Wiese am Bahndamm zwischen Eggolsheim und Forchheim-Nord darauf, entlang der Gleise aufgestellt zu werden. Etwa ein Dutzend Medienleute eilen hinterher. Der Versuch, kurz den Piloten des auf einem Feldweg mit abgestelltem Motor geparkten Helikopters zu interviewen, scheitert allerdings: "Keine Zeit, der Wind wird immer stärker. Alle warten auf mich." Sagt der Pilot, startet die Motoren und hebt ab.

Ich schaue kurz am Eggolsheimer Bahnhof vorbei, hier gräbt sich ein zweiter Bautrupp mit schwerem Gerät in den Untergrund. An der Stelle, wo einmal ein Bahnübergang von Neuses nach Eggolsheim führte, entsteht eine Unterführung für Fußgänger und Radfahrer. Schwer wummern die Geräte: In nur drei Tagen soll eine Behelfsbrücke für die Gleise fertig sein, über die dann wieder Züge rollen können, so lange unter der Erde die neue Unterführung betoniert wird.

"Sowas sieht man nur einmal im Leben"

Für über 100 Arbeiter, die im Dreischichtbetrieb durchschaffen, fällt Ostern heuer aus, das räumt Frank Kniestedt auf Nachfrage ein. Oberstes Ziel der Deutschen Bahn sei, die Vollsperrung der Strecke zwischen Bamberg und Erlangen so kurz wie möglich zu halten.

Auf dem Eggolsheimer Bahnsteig tummeln sich ein paar Schaulustige und filmen den Zweiwege-Hubwagen auf Gleis 1: Der gelbe Lkw kann sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße fahren. Im Arbeitskorb stehen zwei Männer im orangen Warndress in luftiger Höhe und werkeln an der Oberleitung.

"Sowas sieht man nur einmal im Leben", meint einer der Gucker begeistert und zückt die Handykamera. Neben dem Stellwärterhäuschen steht derweil ein nachdenklicher Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Wenn im August die nagelneuen, vom Hubschrauber an ihren Platz geflogenen Signale in Betrieb gehen, wird das alte Stellwerk in Eggolsheim außer Betrieb genommen. Nicht nur die fünf massiven und mannshohen Stellhebel im Inneren haben dann ausgedient, sondern auch die schon fast nostalgisch anmutenden Signale mit ihren beweglichen rot-weißen Flügeln draußen an der Strecke und die neben den Gleisen verlaufenden Seilzüge.

Die alten Signalmasten werden Kniestedt zufolge nicht verschrottet: In Wuppertal gebe es eine bundesweite Sammelstelle für abgebaute Alt-Technik und da werde geschaut, ob Teile davon noch anderswo gebraucht werden können.

Arbeitslos werde durch die Modernisierung auch niemand, auf diese Feststellung legt Uwe Mühlberg großen Wert. Er ist für die spätere Inbetriebnahme der neuen Signale zuständig. Im Gegenteil, so Mühlberg weiter, herrsche meist Personalmangel in den Bahnstellwerken.

Es ist inzwischen halb Zwölf, es beginnt zu tröpfeln. "Der Regen ist kein Problem", meint Mühlberg optimistisch. Die kniffligste Stelle für das Einfliegen der neuen Signale steht dem Bautrupp da allerdings noch bevor: Der schmale Bereich an der Piastenbrücke in Forchheim. Hier ist nicht viel Platz für den Helikopter. Logisch, dass auf dem Streckenabschnitt Forchheim-Bamberg heute kein Zug fahren kann. In Eggolsheim klafft im Gleisstrang eine 50 Meter lange Lücke. "Bauarbeiten – Bitte Aushänge beachten", informiert eine Laufschrift am Bahnsteig.

Wer heute gern mit dem Zug gefahren wäre, hat Pech gehabt.

 

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