Bei Zhang Jike flippen die Mädchen in China aus

25.6.2017, 15:35 Uhr
Bei Zhang Jike flippen die Mädchen in China aus

Sarah Kinner hat die Tischtenniswelt im Reich der Mitte selbst erlebt. Die Erlangerin ist in der vergangenen Saison mit dem Damenteam des TTC Neunkirchen in die TT-Bayernliga aufgestiegen. Die 24-Jährige konnte in den letzten Spielen der Rückrunde jedoch keine Punkte mehr zur Meisterschaft beisteuern, da sie ein Auslandssemester an der Tongji-Universität (55 000 Studenten) in Shanghai absolvierte. Es ist eine Mega-City: Über 29 Millionen Menschen leben und arbeiten in der Stadt.

Die drei Monate waren ein Höhepunkt im Leben von Kinner, die an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Medizintechnik studiert. Ihre Masterarbeit hat sie bereits angefangen. Die Aufgabe bekam sie von Professor Georg Fischer vom Lehrstuhl Technische Elektronik. Vereinfacht gehe es bei der Abschlussarbeit um "Herzassistenzsysteme", so Kinner, die in China von einem Professor der Tongji-Universität betreut wurde.

Leben auf dem Campus

Gelebt hat sie in Shanghai in einem Wohnheim auf einem der Uni-Campusse. "Das ist wie in einer kleinen Stadt — mit Karaokebar, Kino, Krankenhaus, Sporthallen und Schwimmbad", erzählt Kinner.

Bei Zhang Jike flippen die Mädchen in China aus

Nach ihrer Ankunft schaute sie sich natürlich nach Möglichkeiten zum Tischtennisspielen um. In einem Land, in dem Tischtennis Nationalsport ist, dürfte dies kein Problem sein, dachte Sarah Kinner. "Diese Wunschvorstellung hat sich nicht bewahrheitet." "Der Lieblingssport der Chinesen ist Badminton", hat sie festgestellt. Dennoch: Jeder könne ein bisschen Tischtennis spielen, und jeder habe irgend einmal schon einen Schläger in der Hand gehabt.

Um gegen bessere Gegner anzutreten, fuhr sie einmal zwei Stunden zu einem anderen Campus, wo die Uni-Mannschaft trainierte. Eine einmalige Aktion, denn dies sei zu zeitaufwändig gewesen.

Glück hatte sie hingegen, dass ihr am ersten Tag des Chinaaufenthalts zufällig Nora Elhaus über den Weg lief. Kinner kannte sie, weil sie bei der SpVgg Erlangen Tischtennis spielt. Beide gingen dann ab und zu ihrem Hobby nach. "Gemeinsam haben wir auch eine Tischtennisschule für Erwachsene besucht und uns für zwei Stunden einen Trainer genommen. Die waren überrascht, als wir reinspaziert sind", berichtet Kinner.

Ständiges Wiederholen

Schnell merkte sie, dass in China viel wert auf ständiges Wiederholen gelegt wird. Der Trainer spielte ihnen pausenlos die Bälle zu: "Wir bekamen ein typisch chinesisches Balleimertraining mit unendlich vielen Wiederholungen und schnellem Zuspiel. Anschließend haben wir noch freie Übungen mit einem Trainer gespielt, der mit Jacke und langer Hose zugegebenermaßen super unscheinbar aussah, es aber total drauf hatte." Das Match gegen ihn war eine echte Herausforderung, denn "der konnte sehr gut spielen und hat viele Bälle zurückgebracht".

Anders als gewohnt, wurde mit Plastikbällen gespielt, die in Deutschland noch nicht verpflichtend sind. Und auch der Boden war eine Besonderheit: Ein Untergrund speziell für den Tischtennissport.

Ein Glücksfall war es für die Spielerin des TTC Neunkirchen, einmal die Top-Asiaten im Wettkampf live zu erleben. Etwa 100 Kilometer von Shanghai entfernt wurden in Wuxi die Asian Table Tennis Championships veranstaltet. "Das konnten wir uns natürlich auf gar keinen Fall entgehen lassen."

Weltstars live erlebt

Sie schauten sich einige Gruppenspiele und die Viertelfinals der Damen und Herren an. An den Tischen zauberten Ma Long, Zhang Jike und andere Weltstars. "Sie einmal live zu erleben, war einfach unglaublich und ein weiterer Traum, der in Erfüllung gegangen ist."

Bei Zhang Jike flippen die Mädchen in China aus

Vor allem der Auftritt von Zhang Jike geriet zu einem Spektakel, den man in Europa nur bei Popstars kennt. "Die Mädchen kreischen, haben Krönchen auf und singen eigene Lieder, um ihn zu verehren. Warum ist gerade Jike so beliebt? "Er verhält sich nicht so konform wie die anderen Spieler und bricht auch mal aus. Das finden die Mädchen aufregend", sagt Kinner. Standen die heimischen Größen an den Tischen, war die Halle gut besucht, ansonsten war das Zuschauerinteresse eher gering.

Die in Düsseldorf ausgetragene Tischtennis-Weltmeisterschaft geriet in China jedoch zum Medienereignis. "Jedes Spiel ist im Fernsehen übertragen worden."

Die Begeisterung für den Sport wird schon bei den kleinen Kindern geweckt. Das stellte Sarah Kinner fest, als sie sich einmal verlaufen hatte und vor einer Tischtennisschule für Kinder stand. "Im Alter von drei Jahren schicken die Eltern ihre Kinder auf so eine Schule. Die weniger Talentierten werden nach und nach ausgesiebt." Vereine wie in Deutschland gibt es nicht.

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