„Die Diskussion zur Beschneidung war wertvoll“

20.2.2013, 12:00 Uhr
„Die Diskussion zur Beschneidung war wertvoll“

© Ralf Rödel

„Kommen Sie doch rein!“, Coskun Ilgar öffnet die Tür der Forchheimer Yunus-Emre-Moschee weit, Gäste sind willkommen – selbst wenn sie heikle Fragen zu einem sensiblen Thema stellen: Wie geht das mit der Beschneidung der Gemeindemitglieder in Forchheim vor sich?

Der Imam ist bei dem Gespräch, um das die NN gebeten haben, dabei. Nicht als Aufpasser, sondern für Antworten zu theologischen Fragen, wie Ilgar auf dem Weg zum Arbeitszimmer der Moschee erklärt. Plötzlich stoppt der Imam, streift die Schuhe von den Füßen, räumt sie in ein Regal und bedeutet dem Gast, es ihm gleich zu tun. Der rote Teppich signalisiert: Hier beginnt die eigentliche Moschee.

Ein kurzes unverfängliches Gespräch noch im Büro – dann geht es thematisch unter die Gürtellinie. Unverkrampft beantwortet Ilgar die Fragen, die für ihn einen stark religiösen Bereich, für den Besucher bislang allenfalls einen medizinischen Bereich berühren.

Seit diesem Jahr verlangt der Gesetzgeber, dass die Beschneidung ausschließlich von einem Arzt vorgenommen wird. Wie war das vorher? Gab es Massenbeschneidungen von Laien in der Forchheimer Moschee?

Coskun Ilgar winkt ab. Er könne sich nur an Operationen erinnern, die von Medizinern durchgeführt worden sind. In deren Praxisräumen. Als verantwortungsvoller Vater sei einem das ohnehin ein Anliegen, sagt der türkischstämmige Forchheimer.

Nimmt ein Forchheimer Arzt den Eingriff vor? Ein kurzer Wortwechsel auf türkisch mit Yusuf Aksit, dem Imam. „Wenn sie den Eingriff nicht gleich in ihrer türkischen Heimat vornehmen lassen, gehen die meisten nach Bamberg oder Nürnberg“, erklärt Ilgar. Dort gebe es muslimische Ärzte, denen sich die Gemeindemitglieder anvertrauen. Es spreche aber vom Glauben her nichts dagegen, die OP am Klinikum Forchheim durchführen zu lassen.

Eingriff im Grundschulalter

„Die Diskussion zur Beschneidung war wertvoll“

Mit sechs bis sieben Jahren wird die „Zirkumzision“, bei der ein Teil der Vorhaut entfernt wird, meist durchgeführt. „Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden“, erklärt der Moschee-Vorsitzende.

Der Imam spricht von „hygienischen Vorteilen“. Letztlich aber führt die Frage nach dem „warum?“ bei diesem Treffen in der Moschee immer zur Religion. Einen Bund mit Gott geht man ein. Der Prophet Mohammed habe es vorgelebt.

„Die Beschneidung selbst liegt in der Verantwortung der Familie“, sagt Ilgar und betont, dass die Gemeinde weder Zwang noch Kontrolle ausübe. Äußerlich sichtbares Zeichen einer erfolgten Operation ist ein großes Fest. Je nach finanzieller Lage – der Eingriff selbst kostet schon 300 bis 500 Euro – wird das ausgedehnt. Gut zehn solcher Beschneidungsfeste finden in der Yunus-Emre-Moschee pro Jahr in der Haidfeldstraße statt. Auch der Kolpingsaal bietet Raum.

Die Jungs sehen aus wie kleine Prinzen. Ilgar zeigt auf ein Bild an seinem Computer. Der Junge hat ein langes, weißes Gewand, Sterne umgeben ihn. Unten auf der Foto-Montage sitzt Comic-Ente Daffy Duck und porträtiert das Kind. „Für uns war die Diskussion in der Vergangenheit wertvoll“, sagt Ilgar. Dadurch sei man, auch mit den Forchheimer Bürgern, ins Gespräch gekommen – und diese Gespräche seien positiv verlaufen. Das Ergebnis, dass nun also ein Mediziner für den Eingriff verpflichtend ist, könne nur von Vorteil sein.

„Für ein Gespräch sind wir jederzeit offen“, sagt Ilgar zum Abschied, bevor der Gast, wieder in Jacke und Schuhen, die Tür zur Yunus-Emre-Moschee hinter sich schließt.

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