Endlich Museum für "verrückten Sammler"

29.5.2012, 10:00 Uhr
Endlich Museum für

Diese Schwierigkeiten schienen aber bei einem Mann nicht vergessen: Bei Kurt Tauber. Er ist der Begründer des Museums, der Ideengeber. Er hielt zwar eine äußerst witzige Rede, blieb aber im Kern ernst. Er sagte am Schluss, warum: Weil von den vielen Mitstreitern einer diese Stunde nicht mehr erleben konnte, Michael Werner. Viel zu jung erlag der Familienvater im Dezember einer unheilbaren Krankheit.

Stiftung dahinter

Bürgermeister Karlheinz Escher ging kurz zurück zur Geschichte des Museums und wie er selbst in dessen Nähe geriet: Er war lange freier Pressemitarbeiter gewesen, um sein Hobby, das Fotografieren, zu finanzieren. So lernte er den Redakteur Kurt Tauber kennen und hörte von dessen Kamerasammlung.

Als dann die Plecher Schule halb leer wurde, keimte „Hoffnung auf für das schon totgeglaubte Museum“. Ohne Staatszuschüsse übernahm die Gemeinde die Baulast. Sie wurde auch Treuhänder der „Stiftung Kameramuseum Kurt Tauber“.



„Ich bin noch heute überwältigt, wie schnell und wie großzügig wir unterstützt wurden“, so Escher. „Es gibt Helfer, die machten hier wochenlang Urlaub, um anzupacken. Teils haben sie bis nachts um drei Kameras sortiert.“

Das Museum bekam vor einem Jahr auch einen Förderverein. Für ihn sprach Stefan Brand, lange ein Kollege von Kurt Tauber. Brand hatte erst vor wenigen Tagen im Museum mitgehört, wie ein Oberpfälzer kopfschüttelnd zu Tauber sagte, als er von dessen 30-jähriger Suche nach Museumsräumen erfuhr: „30 Jahre? Da muss man scho a weng verrückt sein, oder?“ Tauber: „Ein bisschen verrückt schon.“

Mitleidiges Kopfschütteln

Ähnlich reagierten aber  in den 90er Jahren die Redaktionskollegen, als sie die Kartons mit Kameras anschwellen sahen, von Taubers Platzmangel hörten und von seinen verzweifelten Versuchen, im Pegnitzer THW-Gebäude, im dortigen Hallenbad oder in der Obernseeser Ex-Brauerei unterzukommen. Sie scherzten, dass die Erben alles mal in den Abfallcontainer werfen. „Wir schüttelten mitleidig das Haupt: Er spinnt scho a weng...“

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© Horst Linke



Sie bekamen mit, dass ihr Kollege deutschlandweit zu Fahrten aufbrach, wenn in Ostfriesland ein ganzer Fotoladen von 1956 zu kapern war und in Berlin ein 4,40 Meter langes Repro-Ungetüm von 1928. Mit ihm wurden Pläne für „Stuttgart 21“ kopiert. Aber am Ende staunten sie: Plech bot ein Museum an. „Das ,ein bisschen verrückt‘ hatte sich gelohnt.“

Kurt Tauber begann seine Rede mit diesen Kaper-Fahrten: „Ich habe gewulfft! Hemmungslos gewulfft! Ich habe schon gewulfft, als noch niemand wusste, was das überhaupt ist. Denn ich habe nicht nur von Freunden Fotoapparate abgestaubt, sondern sogar von Leuten, die nicht einmal meine Freunde waren. Kostenloser Upgrade waren noch ein paar Zeiss-Ikon-Kameras. Dagegen war Herr Wulff ein Waisenknabe.“

Ohne sein „einnehmendes Wesen“, so Tauber,  gäbe es heute kein Kameramusem mit 13000 Exponaten. Er entschuldigte sich bei allen Briefträgern, oft zarten Mädels im Ferienjob, die schwere Pakete schleppen mussten, weil wieder die wöchentliche Sendung von Joachim Kettelhake aus Niedersachsen eintraf. Der schickt seit zehn Jahren.

Kurt Tauber verstaute die Flut anfangs unterm Ehebett und notfalls im Kühlschrank. Aber dann kam die KSB und bot  Gott sei Dank ein Staulager.

Helfer aus ganz Deutschland

Fachliche Kameramuseums-Hilfe leisteten später Andreas Wolf aus Bindlach, Andreas Pietrucha aus Hof, Clemens Cahn aus Frankfurt, das Ehepaar Engelmann aus Erftstadt bei Köln und Wolfgang Kreib aus Bremen. Dazu kam Michael Werner, der sich vor fünf Jahren um 4.55 Uhr per E-Mail meldete und danach endlos Fotodokumente fürs Archiv einscannte, inklusive 70 Fotoquelle-Kataloge. Seine Frau Marion betreute jetzt die Eröffnung. Sie war mit ihren zwei kleinen Söhnen extra aus Bergisch-Gladbach hergekommen.

Sie begrüßte so auch den Schweizer Sammler Albert J. Schnelle (80), der jetzt dem Musuem überraschend seine Sammlung von 100 Filmprojektoren schenkte. Es sind Apparate von der Uleja bis zum Pradivit, über die er schon ein Buch geschrieben hat. Aber damit war für diesen Mann aus Domat bei Chur „das Ziel erreicht“ — er will sich neuen Ufern widmen.

Ein seltenes Fotomikroskop schenkte Heidemarie Dietel aus Bayreuth. Sie gab zu, genauso „fotoverrückt“ zu sein wie Kurt Tauber. Plech biete nun das ideale „Altersheim“ für Kameras.

Für die vielen prominenten Gäste meldeten sich MdL Peter Meyer (FW) und Christoph Rabenstein (SPD) zu Wort. Rabenstein lobte auch im Namen von Walter Nadler (CSU) diese Museums-Bürgeriniative. Ihm stimmte Thomas Thiem als Stellvertretender Landrat zu.

Pfarrerin Martina Beck gab den kirchlichen Segen. Sie tat dies mit einem sehr gut durchdachten, persönlichen Gebet. Kurt Tauber führte die Promis anschließend durchs Haus, das aber nur 1000 der 3500 Kameras zeigen kann: 70  Kartons liegen auf dem Dachboden und der Schulkeller ist voll.

Er traf dabei auf Rudolf Kastner aus Krefeld, der die Wikipedia-Seite des Museums gestaltete und jetzt erstmals „live“ da war. Er ist auch Sammler. Seine Frau Anke hofft, dass er alles hierher gibt: „Oh wie schön: dann wir hätten wieder ein bisschen Platz!“

Franka-Kameras von Bayreuth

Kurt Tauber ging im Gespräch zurück auf seine Fotografie-Anfänge im Alter von acht Jahren, auf seine ersten geschenkten Kameras, als er noch NN-Journalist war, auf den Sammlungsboom ab 1997  dank Internet. Er erläuterte die James-Bond-Minikamera, die Bayreuther Franka-Apparate, das Heidoskop.

Er führte auch zum Trickfilmtisch, den Stephan Scholzen aus Trier stiftete. Hier entstanden schon Filme für „Die Sendung mit der Maus“.


 

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