Erlebnis geht vor Ergebnis

15.12.2014, 18:10 Uhr
Erlebnis geht vor Ergebnis

© Foto: Pfrogner

„Der Schiri pfeift heute ein bisschen anders“, brieft Trainerin Ute Samel die Zuschauer, darunter auch Spieler der 1. und 2. Mannschaft. „Wenn Joni im Tor steht, zählt ein Tor nur mit Aufsetzer.“ Joni Brandauer ist Rollstuhlfahrer. Er kann den Ball nur aus niedriger Wurfhöhe abfangen, und das gelingt am Besten, wenn er vorher einmal am Boden aufgeschlagen ist. Mit dieser kleinen Hilfestellung fängt er fast jeden Ball.

Auch der Angriff der integrativen Gruppe punktet. Kurz gedribbelt, zwei, drei Schritte, dann ein kurzer Pass zum Nächsten – in diesem Rhythmus bewegt sich die bunte Mannschaft aus Sechs- bis 17-Jährigen zügig in den Wurfkreis des Gegners. Es sind Mädchen und Jungs, Spieler mit und ohne Handicap. Der Gegner: die E-Jugend des HC.

Schnelles Abspielen, schnelle Einwechsel, schnelle Tore – das ist der Takt der ersten Halbzeit. Möglichst jedes Kind soll ein Tor machen oder halten, ist die Devise. Die Tore fallen fast minütlich. Der regelmäßige, überschaubare Ablauf – Spiel aufs Tor, Treffer, neuer Anwurf – tut den Förderkindern gut. Jeder neue Anwurf ist ein Höhepunkt.

Luca Grimm – die Nummer acht, ein Förderkind – ist stets einer der ersten an der Mittellinie. Der 13-Jährige spielt mit vollem Körpereinsatz und großer Gestik, auch wenn er nicht am Ball ist. Jede seiner Bewegungen strahlt Spielfreude aus: Geht der Ball an einen Teamkollegen, holt er zum Handschlag mit dem Nebenmann aus. Fliegt der Ball weit übers Feld, zeichnet er, die Augen an den Ball geheftet, mit ausholendem Arm und Oberkörper die Wurfbewegung nach.

Noch hat er selbst kein Tor geworfen. „Aber ich werde noch eins machen“, sagt er in der Pause selbstbewusst. Lange hält es ihn nicht auf der Bank. Dann läuft er aufs Feld zurück und wirft mit dem Schiedsrichter ein paar Pässe. Seine Mutter sieht schmunzelnd zu und lobt sein soziales Talent. „Er wächst mit drei Geschwistern auf, ist sozial gut eingebunden und überträgt das auch aufs Spielfeld“, sagt sie. Auch motorisch sei er fitter geworden. „Allerdings fällt es ihm inzwischen schwerer zu verlieren, weil er sich nach einem Jahr Training den Spielverlauf bewusster macht.“

Arthur Birnhardt, neun Jahre, E-Jugendspieler, hat tatsächlich ein Tor geworfen. Das Spiel mit der offenen Altersgruppe ist für ihn eine echte Herausforderung, gibt er zu. Immerhin sind manche der älteren Spieler ihm an Größe und Wurfstärke weit überlegen. Seinem Spieleifer tut das keinen Abbruch.

„Heute heißt es für beide Mannschaften: Spielerlebnis statt Spielergebnis“, sagt E-Jugend-Trainer Lothar Rauscher. „Wir wollen jedem Kind eine Sportmöglichkeit bieten. “ Aktuell baue der Verein eine Mannschaft aus Flüchtlingskindern auf. „Es ist kein Zufall, dass diese Spiele häufig unentschieden ausgehen. Die großen Spieler sollen ausgleichend wirken.

Das Spiel endet 23 zu 22 für die E-Jugend. Arthur und Luca stehen an der Mittellinie zusammen. Von fern scheint es, als würden sie das Spiel diskutieren.

„Manche haben sich super entwickelt, bei anderen steht der Spaß im Vordergrund“, zieht Initiatorin Ute Samel ein Jahr nach Gründung der integrativen Gruppe Bilanz. 28 Jungs und Mädchen nehmen regelmäßig teil. Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Auch für Mädchen sei das integrative Team eine gute Gelegenheit. „Mädchen brauchen oft mehr Trainingseinheiten, um richtig fangen und werfen zu lernen“, sagt Samel.

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