Literarische Irrungen und heitere Prosa

9.12.2008, 00:00 Uhr
Literarische Irrungen und heitere Prosa

© Güldner

Einen gereimten und strukturell komplexen Text über die Wahrheit mit Thomas Mannschens Wortungetümen liest Steffen Pietzonka aus Betzenstein. Nicht verwunderlich, dass dem philosophischen Traktat der Zuspruch der Zuhörer etwas verwehrt bleibt.

Absurd-lustige Texte um einen fiktiven Herrn Runkenstein hat Dennis Langer aus Egloffstein im Gepäck. Dabei sind die Geschichten um platzende Katzen, Stahlblech-Origami und Roland Kochs Gehirn weniger komisch, als man denken sollte. Zuweilen wirkt das Gelesene reichlich verworren, schwer verständlich und absichtsvoll mit Nonsens-Begriffen überfrachtet.

Ein Handlungsstrang oder gar ein identifizierbarer Inhalt wird hinter den Wirrnis-Explosionen nicht sichtbar. Auch nicht, wenn sich durchgeknallte Gnome funkelnder Kothaufen annehmen und dabei allerlei Fantasie- und Fabelgesocks einer guantanamoischen «Befragung» unterziehen. Zuerst scheint es eine Parabel literarischer Art zu werden, dann aber stellt man fest: ausgesuchter Schwachsinn in Zeilen gepresst.

Ernste Texte mit witzigen Einsprengseln liefert Benjamin Reichstein aus Bayreuth. Dabei klingt es manchmal nach Bekenntnis-Prosa, die mehr Wert auf politische Provokation, denn auf stilistische Maßstäbe legt. Auch wenn es um den Wettstreit zwischen fast resignierten Weltverbesserern und Konsumzombies ohne Revolutionsgedanken geht.

Warum Pärchen stets Kosenamen füreinander verwenden, und warum gerade diese, erzählt Michael Jakob aus Nürnberg und greift dabei ins pralle Leben. Dabei weicht der «Slam-Profi» auch deutlichen Worten nicht aus und hat mit stöhnbaren Kosenamen, sexlosen Schnecken und polygamen Mäusen das Publikum auf seiner Seite.

Sich selbst ironisiert

In der zweiten Runde punktet Michael Jakob durch Selbstironie. Mit einem verbalen Rundumschlag auf pseudoliterarische Wettbewerbe, bei denen die Zuhörer Intellekt nur aus dem Fremdwörterbuch kennen. Hier improvisiert der Nürnberger auch, und das glänzend.

Ganz anders Nils Rusche aus Bamberg, der ein «old school-Liebesdings» zum Thema macht. Liebesbriefe auf Papier, Romantik statt SMS-Wortfetzen . . . Ein gefühlvolles Stück Prosa, hoffnungsvoll altmodisch und gerade deshalb umso beeindruckender.

Auch in sprachlicher Hinsicht keine ausgelutschten Sätze für anspruchslose Massen. Dem Bamberger Autor bleibt zuletzt der Sieg beim Poetry Slam, weil er gleichermaßen erheiternd und nachdenklich, teilweise gar erschütternd schreibt. Dabei aber nicht Inhalt gegen Form ausspielt, sondern beiden Bereichen gleiches Gewicht beimisst. UDO GÜLDNER

Der nächste Poetry Slam im Jungen Theater Forchheim findet am Mittwoch, 7. Januar 2009, um 20 Uhr statt.