Nicht jede Lehrstelle findet einen Azubi

7.11.2013, 11:00 Uhr
Nicht jede Lehrstelle findet einen Azubi

© Alexander Hitschfel

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich, wie so oft, irgendwo in der Mitte. Zwischen den nackten Zahlen der Statistik und den praktischen Erfahrungen der ausbildungswilligen Unternehmer.

Aber von vorn: Björn Wortmann, Jugendsekretär des DGB Nordbayern, hat sich die aktuelle Ausbildungsplatz-Bilanz, die die Bundesagentur für Arbeit Bamberg-Coburg gezogen hat, genauer angesehen. Seine Feststellung: „Rund 300 Ausbildungsplätze fehlen, um von einem auswahlfähigen Angebot zu sprechen“, schreibt er in einer Pressemeldung. Denn dafür — so hat es das Bundesverfassungsgericht 1980 entschieden — bräuchte es 112,5 Lehrstellen für 100 Bewerber.

„Kein Ausreißer“

Im Landkreis Forchheim sieht es demnach noch schlimmer aus. Hier gibt es laut DGB ein „rechnerisches Defizit“ von 283 Ausbildungsplätzen. Auf 539 Stellen kommen hier 822 Bewerber. Peter Schönfelder, Pressesprecher der Agentur für Arbeit, bestätigt die Zahlen. „Zu Beginn des Ausbildungsjahres gab es im Landkreis Forchheim nur 0,66 Stellen pro Bewerber.“ In der Stadt Bamberg hingegen waren es 2,5 Stellen pro Bewerber.

„Es stimmt, dass der Landkreis Forchheim im unteren Bereich liegt. Aber er ist kein Ausreißer“, sagt Schönfelder. Und er relativiert. Zum Stichtag 30. September haben sich die Zahlen deutlich verändert. „Jetzt gibt es pro Bewerber 3,5 Stellen“, so Schönfelder. Denn: Einige der leer Ausgegangenen haben sich für den Besuch einer weiterführenden Schule oder den Bundesfreiwilligendienst entschieden. Manche absolvieren berufsvorbereitende Maßnahmen.

Dennoch finden potenzielle Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe nicht immer zusammen, die Stellen bleiben vakant. Die DGB-Jugend hat in einer Umfrage unter 12000 bayerischen Azubis versucht, die Gründe hierfür herauszufinden. Die Ergebnisse fasst Björn Wortmann zusammen: „Bei unbesetzten Stellen gibt es oft Defizite in der Ausbildungsqualität.“ Diese Stellen seien oft unterdurchschnittlich bezahlt, böten wenig Perspektive oder/und forderten zahlreiche Überstunden. „Die Unternehmen, die hochwertige Ausbildungsplätze anbieten, haben keine Probleme, diese auch zu besetzen“, schlussfolgert Wortmann.

Werner Oppel, Kreishandwerksmeister und selbst Inhaber eines Installateur- und Heizungsbauerbetriebes, widerspricht dem „ganz entschieden“. 30 bis 40 Azubis könnten er und seine Kollgen prompt einstellen. Er weiß, dass gerade seine Branche auf der Skala der beliebtesten Ausbildungsberufe relativ weit unten liegt. Deshalb engagieren er und seine Kollegen sich: „Wir versuchen bei Ausbildungsmessen, durch Schulpatenschaften oder Schnupperpraktika an Azubis ranzukommen.“ Die Ansprüche seien außerdem nicht (mehr) besonders hoch: „Ein qualifizierender Hauptschulabschluss und durchschnittliche Noten in Mathe und Physik, das reicht schon.“

Attraktiver werden?

Doch an Bewerbern mangelt es. Zu hoch seien die Ansprüche der zukünftigen Azubis. Gerade Klempner, die häufig auf Dächern arbeiten, würden gesucht. Bei den Heizungsbauern sehe es schon besser aus. „Der hat ja auch schon ein Dach über dem Kopf.“

Ähnliche Erfahrungen hat auch Andreas Bugl, Inhaber des Gasthauses „Goldener Stern“ in Muggendorf gemacht. Drei Lehrstellen könnte er spontan bieten: Jeweils eine als Restaurant- oder Hotelfachfrau und als Koch. Seine Ansprüche sind gering: Ein Hauptschulabschluss reicht. „Aber ich bekomme ja noch nicht einmal Bewerbungen.“ Attraktiver werden, wie es der DGB fordert? „Wie?“, fragt Bugl. Er zahle schon über Tarif. Die Arbeitszeiten in der Gastronomie könne er nicht ändern. Auch nicht, dass das Hotel auf dem Land liege. Für viele zu weit weg. „Dann müssten sie von zu Hause ausziehen und in unserem Personalhaus wohnen.“ Dafür habe der Beruf Zukunft. „Da kann man richtig Karriere machen — weltweit“ , versucht er es mit Werbung.

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