Schiff aus der Schweiz legte Forchheim lahm

25.9.2013, 11:00 Uhr
Kaum hatte sie von der Nachricht erfahren, machte sich eine Besatzung der Fränkischen Fliegerschule Feuerstein auf den Weg nach Forchheim. Im Bild: das Hotelschiff, der Auslöser von Stau und Beinahe-Stromausfall.

© privat Kaum hatte sie von der Nachricht erfahren, machte sich eine Besatzung der Fränkischen Fliegerschule Feuerstein auf den Weg nach Forchheim. Im Bild: das Hotelschiff, der Auslöser von Stau und Beinahe-Stromausfall.

„Es hat einen Riesenschlag getan“, erzählt Klaus Schmoranz. Er wohnt mit seiner Lebensgefährtin Regina Klaus im Eckhaus Austraße/Raiffeisenstraße. Beim Blick aus dem Fenster kurz nach 19 Uhr sehen sie, dass die Kranauslager des Passagierschiffes „Viking Forseti“ an die Stromleitung gestoßen sind, die hier über Autobahn und Kanal gespannt ist: „Am Ausleger hat’s gebrannt, wahrscheinlich die Gummiabdichtung“, meint Schmoranz. An Deck des Dampfers standen Passagiere, auf dem Uferweg gingen Menschen spazieren. Die Stromleitungen „wackelten“, so Schmoranz.

Die „Viking Forseti“ ist erst in diesem Jahr in Betrieb genommen worden. „An Bord roch es noch ganz neu“, sagt Reinhold Postler, der Technische Leiter der Stadtwerke Forchheim, am Morgen danach. Er war in der Nacht mit Kollegen vor Ort, um den Schaden zu sichten. Die Schiffscrew wurde von Polizei und Stadtwerken befragt, ließ in der Nacht auf Höhe der Schleuse die beschädigten Kräne demontieren und setzte am Morgen ihre Fahrt dann in Richtung Amsterdam fort.

Forchheim besichtigt

Am Montagnachmittag waren die rund 180 Passagiere in Buckenhofen von Bord gegangen, um Forchheim zu besichtigen. „Fünf Busse fuhren hier vor“, beobachtete Hilde Klaus, die Mutter von Regina Klaus. Die Kranausleger werden benötigt, um die Brücke ans Ufer zu hieven und wieder an Bord zu holen. Doch als das Schiff ablegte, standen die beiden Arme noch in die Höhe und verursachten ziemlich genau um 19.15 Uhr den Schaden.

Die Forchheimer bemerkten, sofern sie das Licht oder den Fernseher eingeschaltet hatten, ein leichtes Flackern. Nichts Ungewöhnliches also. Für 153 Millisekunden war die Stromversorgung unterbrochen. Zu kurz für einen großen Stromausfall, wie Reinhold Postler sagt. Aber lang genug, um sensible Geräte in mindestes zwei Forchheimer Betrieben zu beschädigen.

47 Millisekunden mehr und die Hälfte der Stadt hätte schwarz gesehen. Denn ab einem Wert von 200 Millisekunden wäre eine Abschaltung ausgelöst worden. Die Berührung von zwei der drei Leitungsstränge führte zu „einem doppelten Kurzschluss“, so Postler.

In der beginnenden Nacht war nicht einzuschätzen, wie sicher die Stromleitung noch war. Würde sie reißen? Immerhin ist eines der drei Kabel deutlich sichtbar beschädigt. Würden die beiden Masten beidseits von Kanal und Autobahn halten oder sind sie in ihrer Standfestigkeit beeinträchtigt? Zu viele offene Fragen, sagt Reinhold Postler. Daher sperrte das Wasser- und Schifffahrtsamt gegen 23 Uhr den Main-Donau-Kanal, kurz darauf tat die Polizei dasselbe mit der A73.

Nichts ging mehr

Zwischen den Ausfahrten Forchheim-Nord und -Süd ging bis zum Dienstagnachmittag nichts mehr. Für die Anwohner eine ungewohnt ruhige Nacht. Dafür stauten sich in der Stadt, die unversehens zur Umleitungsstrecke geriet, die fremden Lkw und Pkw umso mehr. Die Polizei schaltete unter anderem die Ampeln an der E-Center-Kreuzung, an der Abzweigung zur Unteren Kellerstraße, an der Gebsattelstraße und auf der Eisenbahnbrücke in Richtung Hainbrunnenstraße ab, um für einen besseren Verkehrsfluss zu sorgen.

Verkehr geregelt

Zwei Verkehrsposten, die sich stündlich abwechselten, regelten den Verkehr auf der Kreuzung der Bamberger Straße und der Adenauerallee, wie der Verkehrsspezialist der Forchheimer Polizei, Hartmut Demele, berichtet. Zusätzlich halfen Beamte aus Bamberg und Ebermannstadt aus. Streifen kontrollierten den Verkehr an der Eisenbahnbrücke und griffen notfalls ein, um zu verhindern, dass die Kreuzung verstopft wurde. Ein weiterer Knotenpunkt, die Kreuzung am Augraben, wurde laut Demele so gut es ging von der Polizei betreut, aber: „Der Erfolg blieb eigentlich aus.“

Auch auf der Autobahn bildeten sich Staus, spätestens seit 6.30 Uhr aus Richtung Bamberg, ab 9.30 Uhr auch aus der anderen Richtung, trotz laufender Durchsagen im Verkehrsfunk und trotz Hinweisschildern an den Autobahnauffahrten im Großraum. Nachdem die Autobahn ab 13 Uhr wieder freigegeben worden war, lösten sich die Staus zügig auf. Die 135 Meter lange „Viking Forseti“ gehört der Schweizer Reederei „Viking River Cruises“. Gebaut wurde sie in Rostock. Sie kann 190 Passagiere in 95 Kabinen aufnehmen und wurde erst im März 2013 getauft und in Betrieb genommen. Der Schaden am Schiff beläuft sich nach Angaben der Polizei auf etwa 40000 Euro. Durch den Zusammenstoß mit der Stromleitung wurde aber niemand verletzt.

Die Stadtwerke wickelten die drei Seilzüge der beschädigten Leitung ab und zogen gleich wieder drei neue auf. Der dadurch entstandene Schaden, nach vorläufiger Schätzung ebenfalls rund 40000 Euro, wird der Versicherung der Reederei gemeldet.

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