Wer beerbt Werner Wolf in der Stadt Gräfenberg?

8.3.2014, 15:00 Uhr
Wer beerbt Werner Wolf in der Stadt Gräfenberg?

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GRÄFENBERG — Mit einem Handicap ist Sylvia Hofmann in den Wahlkampf gestartet: Nur auf Krücken kann sie sich nach einem schweren Skiunfall fortbewegen. Von Wahlveranstaltung zu Wahlveranstaltung zu tingeln, ist für die Kandidatin der Freien Wähler momentan nicht drin.

Sylvia Hofmann, die als Medizinisch-technische Assistentin in der Pathologie in Erlangen arbeitet, will ihrem Parteikollegen Werner Wolf an der Spitze der Stadt nachfolgen. Weil sie eine Frau ist, weil sie aus dem Ortsteil Thuisbrunn kommt, wiesen ihr manche nur eine Außenseiterrolle zu, sagt Hofmann. „Die unterschätzen mich aber. Ich kann es genauso gut wie meine zwei Mitbewerber.“

In dem schicksalhaften Skiurlaub traf Sylvia Hofmann die Entscheidung, als Bürgermeisterin zu kandidieren. „Die Überlegung war, ob ich das will, die Privatheit dafür opfern“, erzählt die 42-Jährige. „Die Familie muss da mit.“ Dass sie viel unterwegs ist, das kenne ihre Familie aber sowieso schon, lacht Sylvia Hofmann. Ob Fränkische-Schweiz-Verein, FC Thuisbrunn oder Feuerwehr – sie sei in so vielen Vereinen aktiv, „das können Sie gar nicht alles schreiben“. Den engen Kontakt zu den Vereinen will Hofmann, ähnlich wie Werner Wolf, als Bürgermeisterin halten. „Er war sehr bürgernah. Das würde ich gerne so weiterführen.“

Als wichtigstes Ziel hat Hofmann den Zuzug von neuen Einwohnern ausgegeben. Das Baugebiet Gräfenberg-West III müsse zügig erschlossen und zudem über Baugebiete in den größeren Ortsteilen nachgedacht werden. Effekt des Zuzugs: höhere Einkommensteuerbeteiligung, mehr Kaufkraft, stärkere Auslastung der Schulen und Nachwuchs für die Vereine.

Um die Gräfenberger Innenstadt zu beleben, plädiert Sylvia Hofmann dafür, einen „City Manager“ anzustellen. Er soll sich um Gewerbeansiedlungen, Leerstände und die Parkplatzsituation kümmern. Natürlich müsse bei all dem die Haushaltslage beachtet werden.

Zu wenig werde aber über die attraktiven Seiten der Stadt und ihrer Ortsteile gesprochen, glaubt Hofmann und nennt das lebendige Vereinsleben, die gute Bahnanbindung, die starke Infrastruktur mit Schulen, Ärzten, Einkaufsmöglichkeiten und Krippen. „Gräfenberg stellt sein Licht total unter den Scheffel.“

*Es ist eine Frage, die Hans Derbfuß, den Bürgermeisterkandidaten der CSU, umtreibt: Warum siedeln sich in Igensdorf so viele Betriebe und junge Familien an, während im nur wenige Kilometer entfernten Gräfenberg die Bevölkerung zurückgeht? Derbfuß glaubt: Es fehlt am persönlichen Engagement des Bürgermeisters, das es in Igensdorf gegeben habe. „Mein Vorbild ist Erwin Zeiß. Ist der vorne abgewiesen worden, ging er hinten wieder rein.“ Persönliches Engagement, das ist auch Derbfuß’ Leitmotiv. Mit Einsatz will er dafür sorgen, dass Gräfenberg („Die Stadt steht am Abgrund“) weiter finanzielle Hilfe aus München erhält. Profitieren könne die Stadt von seiner Parteizugehörigkeit. Ein CSU-Bürgermeister Derbfuß, ein CSU-Landrat Ulm, eine CSU-Staatsregierung, „da tut man sich leichter, Verbindungen zu knüpfen“.

Seit längerem schon habe er sich mit dem Gedanken getragen, zu kandidieren, erzählt der Metzgermeister und Kreisrat. Vom CSU-Kreisverband sei er nicht gedrängt worden. Bestärkt hätten ihn die jungen und motivierten Leute, die nun auf der Liste der Partei kandidieren.

Derbfuß saß bereits von 2002 bis 2010 im Stadtrat, trat dann aber zurück — aus persönlichen Gründen, aber auch aus Kritik an Bürgermeister Wolf. Jahr für Jahr dieselben Anregungen bei den Bürgerversammlungen zu hören, die dann Jahr für Jahr nicht umgesetzt würden, das kritisiert der 45-Jährige noch immer. Mit der FW-Kandidatin teilt Derbfuß sein wichtigstes Ziel: den Zuzug neuer Bewohner mit all den positiven Auswirkungen auf Haushalt und Schulstandort. „Sonst können wir die Infrastruktur nicht erhalten.“ Zweites großes Thema: Gewerbeansiedlung.

Sinnbild der bisherigen Politik sei das vermooste Werbeschild „Gewerbeflächen zu verkaufen“ neben dem Feuerwehr-Gerätehaus. Mehrfach habe er vorgeschlagen, ein neues Schild direkt an die B 2 zu stellen — passiert sei nichts. „Sich persönlich einsetzen, mit Investoren sprechen“ — so will Derbfuß neue Firmen gewinnen.

Gewinnen will der 45-Jährige aber erst einmal selbst — nämlich die Bürgermeisterwahl. Gute Chancen rechnet er sich aus. Als Geschäftsmann habe er seine Tatkraft bewiesen. Und in der Stadt habe sich der Wind gedreht. „Man merkt, dass eine Aufbruchstimmung da ist.“

*„Im Grunde haben doch alle Kandidaten ähnliche Themen“, sagt SPD-Kandidat Hans-Jürgen Nekolla und zählt auf: Die maroden Straßen müssen erneuert, der Haushalt konsolidiert, die Innenstadt belebt und der Breitbandausbau vorangetrieben werden. Warum die Bürger dann ausgerechnet ihn wählen sollen? Nekolla überlegt kurz — und antwortet: „Man wählt nicht einen Flyer, man wählt nicht ein Plakat. Entscheidend ist: Wie haben sich die Kandidaten in den letzten Jahren eingesetzt? Wie hartnäckig waren sie an Problemen dran und haben nicht bei ersten Schwierigkeiten klein bei gegeben?“

Nekolla ist fest überzeugt, dass seine Arbeit als 2. Bürgermeister, Stadt- und Kreisrat honoriert wird. „Ich habe mit Abstand die meiste Erfahrung“, sagt der 56-Jährige, der sich bei den Wahlen 2014 als „leichter Favorit“ sieht. 2008 war Hans-Jürgen Nekolla, Sohn des früheren Bürgermeisters Hans Nekolla, schon einmal angetreten, unterlag Werner Wolf aber in der Stichwahl.

Viele Chancen seien vergeben worden, „weil zu wenig geredet wird“, sagt Nekolla in Richtung des Amtsinhabers — und erzählt Anekdote um Anekdote. Der Inhalt ist stets der gleiche: Einheimische Geschäftsleute mit Erweiterungsplänen, die sich von der Stadt ignoriert fühlen, verlegen ihren Betrieb frustriert in eine andere Gemeinde. „Ich habe mir vorgenommen, mit jedem Gewerbetreibenden zumindest einmal im Jahr zu sprechen“, sagt Nekolla, dem selbst ein Werkzeugmacher-Betrieb gehört. Auch Bürger, die bei der Verwaltung eine Mängelanzeige — etwa über eine defekte Straßenlampe — angeben, sollen endlich eine Rückmeldung erhalten. Dass dies bislang nicht der Fall sei, „darf einfach nicht sein“.

Dem SPD-Kandidaten ist der Tatendrang anzumerken. Ausleben konnte er ihn 2013 bereits über viele Wochen, als er den länger erkrankten Amtsinhaber vertrat. „Sachen nicht nur anschieben, sondern auch zu Ende bringen“, das habe ihm gefallen, erzählt der derzeitige 2. Bürgermeister. Hans-Jürgen Nekolla hofft nun, die Amtsgeschäfte ab Mai 2014 gänzlich — und nicht mehr nur vertretungsweise — zu übernehmen. „Eingearbeitet bin ich ja schon.“

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