Große Liebe Eisenbahn

14.9.2007, 00:00 Uhr
Große Liebe Eisenbahn

© Hans-Joachim Winckler

Der Tüftler: In seinem Haus stapeln sich kleine Lokomotiven und Autos, der Dachboden ist voll davon, auch das Arbeitszimmer. Selbst im Schlafzimmer hängen sie an der Wand. «Aber nur auf meiner Seite des Zimmers», betont der Oberasbacher Dieter Beck. Seine Ehefrau teilt das Hobby Eisenbahn nicht mit ihm, «toleriert» es aber. Beck ist Ehrenvorsitzender der Zirndorfer Eisenbahnfreunde, bastelt täglich mehrere Stunden an seinen Modellen, besucht regelmäßig Messen, Börsen und Ausstellungen und organisiert jährlich zwei Modellbahnbörsen in Zirndorf. Beim Eisenbahnfestival am Wochenende sind die Zirndorfer voll im Einsatz und präsentieren den Besuchern eigene Anlagen und ein «voll beleuchtetes Diorama». Die Vorfreude auf das Ereignis wächst, auch wenn Beck fürchtet, von der Veranstaltung nicht viel mitzubekommen.

Becks Leidenschaft gilt auch den «echten» Loks. Als zweiter Vorsitzender der IG Bibertbahn setzt er sich für die Reaktivierung der vor vielen Jahren still gelegten Strecke von Stein nach Unternbibert/Rügland ein. Über Eisenbahnen im Landkreis Fürth hat er bereits zwei Bücher geschrieben. Es gibt nur einen Haken, meint Beck. «So eine große Lok kann ich mir nicht in die Wohnung stellen.»

Der Pufferküsser: Klaus Dieregsweiler ist als Chef der infra fürth verkehr nicht nur Herr über Fürther Busse und U-Bahnen sowie Mitorganisator des Eisenbahnfestivals, sondern auch bekennender Eisenbahnnarr. Mit zweieinhalb Jahren hat er die erste Modellbahn bekommen - mit Auflage. Er dürfe sie nur behalten, hieß es, wenn er sie eigenhändig auf die Schienen setzen könne. Seitdem ist der heute 41-Jährige «infiziert». Den Keller seines Hauses in Ochsenfurt füllt eine 60 Quadratmeter große Anlage aus, dazu kommen etwa 1100 Waggons und über 200 Lokomotiven. «Das Haus ist damals um die Eisenbahn herum gebaut worden», sagt er heute schmunzelnd.

Dieregsweiler ist aber auch das, was Eingeweihte einen Pufferküsser nennen. Das heißt, er versucht, den großen Originalen ganz nah zu sein und reist ihnen dafür zwangsläufig hinterher. Das Dampflokfest in Dresden zählte jahrelang zu seinen Lieblingsveranstaltungen. Im Herbst geht es nach Hessen zu einer «Versammlung von Liebhabern amerikanischer Eisenbahnen». Denn so viel steht fest: «Wenn in der Nähe eine Lok im Einsatz ist, die etwas Besonderes ist, dann fahre ich da auch hin.» Am Wochenende muss er dazu nur vor seine Bürotür.

Der Geschäftsmann: Thomas Friedel hat das Eisenbahner-Gen vererbt bekommen. Schon in der dritten Generation beschäftigt sich seine Familie mit Modelleisenbahnen. Und die vierte Generation wächst gerade heran. «Bist du Eisenbahner?», fragt Friedel. Sohnemann Maximilian krakeelt begeistert «Jaaaaa!». Friedel betreibt seit 15 Jahren das Geschäft «Lokschuppen», das seit März in der Hallstraße beheimatet ist. Dort gibt es nicht nur Schienen, Waggons, Lokomotiven und vieles mehr, sondern auch eine gläserne Werkstatt, in der ihm die Kunden beim Anlagenbau über die Schulter schauen können.

Friedel hat diesen Beruf bei dem inzwischen verstorbenen Bernhard Stein, einem Meister seines Fachs, gelernt und zählt sich zu den letzten drei professionellen Anlagenbauern in Deutschland. In seiner Werkstatt konstruiert er auf Wunsch von Privatleuten und Firmen riesengroße Anlagen. Dazu zimmert er zunächst einen großen Holzrahmen, baut Trassen, verlegt Gleise und gestaltet am Ende das Gelände und die Landschaft.

Am Wochenende wird er seinen Laden von Freitag bis Sonntag samt einer Ausstellung des Miniaturfiguren-Herstellers Preiser geöffnet halten. Auch wenn er dadurch das Festival und die Parade komplett verpassen wird. Schade sei das, meint Friedel. «Aber bis auf zwei Lokomotiven, kenne ich eh schon alle.»

Der Lokführer: Peter Schulz hat keine Modellbahn im Keller. «Dazu fehlt mir einfach die Zeit», sagt der 41-Jährige. Er «spielt» lieber mit den Originalen. Genau genommen heißt das: Er fährt die Stahlkolosse. 1985 fing der gelernte Maschinenschlosser an, für den «Eisenbahnfahrzeugführerschein» zu büffeln. Viele Jahre später hatte er ihn in der Tasche. Dazwischen lag eine «Ochsentour» aus Lernen, Prüfungen und Praxisstunden bei privaten Eisenbahnunternehmen in Deutschland.

Es hat sich gelohnt. Heute fährt der Fürther die Dieselloks der «Fränkischen Museumseisenbahn» (FME). Der Verein mit Sitz in Nürnberg veranstaltet vorwiegend Nostalgiefahrten, zum Beispiel zwei Mal im Jahr über die tschechische Grenze nach Pilsen und Karlsbad. Im Besitz der FME befinden sich neben den Dieselloks auch eine Dampflok 52 81 95, Baujahr 1942, sowie historische Reisezugwagen aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Hier haben rund 400 Passagiere Platz, die im Speisewagen verpflegt werden können. Der Service im Speisewagen, verrät Schulz, ist eher das Einsatzgebiet für die Ehefrauen der Vereinsmitglieder.

Bei den Lokparaden am Wochenende wird Schulz im Führerstand einer Diesellok stehen. Und vielleicht denkt er dann daran zurück, wie alles anfing: Als sein Großvater mit dem kleinen Jungen regelmäßig spazieren ging - zum Fürther Bahnhof und entlang der Rangaubahn.

Das Eisenbahn- und Busfestival hat am Wochenende einiges zu bieten - und das nicht nur für Enthusiasten. Der Großteil der Veranstaltung spielt sich auf dem Festgelände in der Karolinenstraße und dem Busbetriebsbahnhof der infra ab. Samstag und Sonntag locken von 9 bis 18 Uhr Ausstellungen und ein buntes Rahmenprogramm für Groß und Klein. An beiden Tagen ist um 15 Uhr eine Parade historischer Lokomotiven und moderner Triebwagen zu bestaunen. Vom Fürther Hauptbahnhof starten Sonderfahrten mit populären Zügen. Und am Samstag um 11 Uhr wird ein ICE auf den Namen «Fürth» getauft. Ausführliche Informationen zum Programm finden Sie auf Seite 3.