3000 Jahre alte Scherbe

9.6.2009, 00:00 Uhr
3000 Jahre alte Scherbe

© Thomas Scherer

Zwei Wochen lang dürfen Klara Rüdiger und Peter Honig im Erdgeschoss buddeln. Die studierten Archäologen stehen bis zum Hals in der Grube, haben die Kamera aufgebaut und den Strahler auf die Lehmwand gerichtet. «Schnitt 2, Mitte - Probe 1» steht auf einer Klappe. Fast wie im Film.

Dabei ist die Arbeit am Grünen Markt eine staubige Angelegenheit. Unter diversen Lehmschichten findet sich hauptsächlich Sand. Das erleichtert das Kratzen mit der Kelle und das Ausheben des Bodens - aber der lockere Untergrund ist gleichzeitig die Crux. Denn durch Sand strömen Sauerstoff und Wasser hindurch, organische Materialien verrotten mit den Jahren und Jahrzehnten. Einen gut erhaltenen Dinosaurier, das ist klar, wird man hier nie finden.

Angesichts dessen sind die bisherigen Fürther Funde schon erstaunlich: eine Henkelschüssel aus dem 15. Jahrhundert am Stadlerhof, ein barocker Brunnen am Grünen Markt und ein auf 3500 Jahre geschätzter Eichenbalken, der beim U-Bahnbau am Kulturforum entdeckt wurde. Auch in der ehemaligen Stern-Apotheke am Grünen Markt hat die Arbeitsgruppe Archäologie des Altstadtvereins schon einige Überraschungsfunde gemacht: Frühe Karnies-Keramik aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts tauchte auf, auch eine rostige Lanzenspitze und manch ein Utensil aus der 1605 erbauten Gastwirtschaft «Zur Sorg».

Die wurde - so belegen auch papierne Unterlagen - auf den verkohlten Resten früherer Bebauung errichtet. Im Dreißigjährigen Krieg soll Fürth - bis auf St. Michael - komplett abgebrannt sein. «Ich bin nicht sicher, es gab zwei Brandereignisse mindestens», sagt Klara Rüdiger, die für «Ausgrabungen Specht» in Nordbayern geschürft hat. Zusammen mit dem promovierten Kollegen dokumentiert sie jede Schicht genau, alle Funde werden sorgsam in Plastiktüten verpackt.

Zahn der Zeit

Tierzähne gehören dazu und ein Pferdehuf, Reste eines Lehmbackofens, Keramik aus der ottonischen Zeit um 1000 und - besonders wichtig - Tonscherben, die Peter Honig auf mindestens 3000 Jahre schätzen würde. Doch gut erhalten sind sie nicht, müssen erst eingeordnet werden. Der historisch interessierte Bauherr, Pöhlmann Immobilien, ist nicht glücklich. Die Arbeiten, die das Landesamt für Denkmalpflege zur Auflage gemacht hat, verzögern die geplante Sanierung des Hauses.

Die krummen Deckenbalken mussten mit 13 Meter langen Stahlträgern gestützt werden, die Sandsteinmauern haben keine Fundamente und müssen abgestützt werden. Dazu kommt, dass das Haus mehrmals um- und angebaut wurde. Mit den Folgen kämpfen Archäologen und Architekt. Und wenn dann einmal alles fertig ist, sagt Klaus Pöhlmann, «siehst du nichts mehr». Von all der Mühe, von der Geschichte. Oder doch? Ein Glasboden soll Teile der Grabung auch für die Nachwelt sichtbar machen.