Badstraße 8: Wie ein Nachmittag auf der Blumenwiese

15.1.2016, 12:15 Uhr
Badstraße 8: Wie ein Nachmittag auf der Blumenwiese

© Foto: Horst Linke

Ein Schweben erfüllt den Raum. Gegängelt von geradlinig gespannten Seilen hat Elizabeth Thallauer vielförmige helle Gebilde in das Badstraßen-Haus gebracht, das bislang eher selten als Gesamtkunstwerk beschrieben wurde. Genau das ist der Künstlerin, die aus Bulgarien stammt und in Nürnberg lebt, aber jetzt geglückt. Wer eintritt, wird von einem Konstrukt umfangen, das filigran ist und sich dennoch nicht auf den ersten Blick umfassen lässt.

„Floating Volumes“ nennt die Frau, die unter anderem an der Nürnberger Akademie bei Ulla Mayer und Ottmar Hörl studiert hat, diese Arbeit für den Kulturort. Geformt hat sie ihre unstrukturiert scheinenden Objekte aus Polypropylenbahnen, die sie mit Heißluft in Handarbeit verbunden hat. „Künstler finden ihre Materialien im Baumarkt. Wir schreiben das 21. Jahrhundert“, kommentiert Thallauer gelassen. Das Ergebnis – verarbeitet hat sie rund 150 Meter Polypropylenbahnen — weckt kaum weniger als Gedanken ans Heimwerken. Spontan stellt sich stattdessen ein Sommergefühl ein von der Art, die einen dazu bringt, einen Nachmittag lang auf einer Blumenwiese zu liegen, um in bauschigen Wolken Dinosaurier, Blumenkohlköpfe oder Schafe zu erkennen.

Thallauers Intentionen gehen über derart spielerische Anstöße hinaus: „Polypropylen haben wir alle täglich in der Hand. Der Kunststoff wird unter anderem für Verpackungen verwendet und zählt zu den meist genutzten.“ Das Material ist langlebig und wird vollständig aus Erdöl hergestellt: „Damit hat es natürlich sowohl eine gesellschaftliche als auch eine politische Relevanz.“ Mehrere gute Gründe, so Thallauer, dass Künstler sich mit dem Kunststoff, der uns in allen Lebenslagen umgibt, auseinandersetzen.

Seit Montag war sie mit dem Aufbau in der Badstraße 8 beschäftigt. Ein Prozess, der Geduld und Genauigkeit erfordert. „Es gibt in diesem Raum ein paar Problemzonen, damit musste ich mich auseinandersetzen.“ Zu den wunden Punkten gehört zum Beispiel der Boden, der aus Holzplanken besteht – bis auf die Stellen, die mit Beton aufgefüllt wurden. Keine Chance, in diesen Partien etwas problemlos zu verankern.

Inzwischen hat Thallauer Lösungen gefunden. Gut ein halber Kilometer Schnur ist nun exakt verspannt. Das so entstandene straffe Netz dient nicht nur als Leine für ihre Objekte, sondern eröffnet eine weitere Perspektive im Raum. Aus der Kombination der strengen Schnur-Linien mit dem fragil wirkenden Behang, der jeden Luftzug aufnimmt und in Bewegung umsetzt, ergibt sich ein reizvoller Dialog.

Wer mag, kann darüber nachsinnen, ob sich hier das Chaos in der Ordnung Bahn bricht. Oder umgekehrt. Ganz gleich, wie diese Überlegungen ausgehen, Elizabeth Thallauers „Floating Volumes“ verwandeln den Raum und wecken Ideen.

Floating Volumes“: Vernissage heute, 19 Uhr, Kulturort Badstraße 8. Freitags 15-18 Uhr, Wochenenden 12-18 Uhr. Bis 14. Februar.

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