Bahnsteigsäulen vor der Verschrottung gerettet

11.9.2009, 00:00 Uhr
Bahnsteigsäulen vor der Verschrottung gerettet

© Hans-Joachim Winckler

Wie berichtet, plant die Deutsche Bahn den Bahnsteig 1 am Fürther Hauptbahnhof abzureißen, um Platz für zwei neue S-Bahn-Gleise zu schaffen. Eines von beiden wird künftig unmittelbar am Bahnhofsgebäude vorbeiführen, so dass man aus der Tür des Hauses auf die Gleise purzeln würde, würden die Türen aus diesem Grund künftig nicht ohnehin versperrt werden.

Als die Fürther Nachrichten vergangene Woche davon berichteten, schrillten bei einigen Fürthern die Alarmglocken. Der Grund: Der Bahnsteig ist wie alle anderen überdacht. Und jenes Dach ruht auf gusseisernen Säulen aus dem 19. Jahrhundert, die angeblich aus der Eisengießerei von Johann Wilhelm Späth stammen, in dessen Werkshallen auch der «Adler» - die erste deutsche Eisenbahn - zusammengesetzt worden war.

Der Nachwelt erhalten

Kurzerhand entschlossen sich die Fürther, die keinen Wert darauf legen, ihren Namen in der Zeitung zu lesen, das DB-Museum einzuschalten - mit Erfolg. Museums-Historiker Joachim Breuninger nahm den Bahnsteig am Mittwoch kurzerhand in Augenschein und kam zu dem Fazit: Die reich verzierten Säulen sind ebenso wie die so genannten Querträger und Verbinder unter dem Dach erhaltenswert. «Ein industriegeschichtliches Denkmal.»

Daher hat sich Breuninger nach eigenen Angaben bereits mit der Bahnbau, der verantwortlichen DB-Tochtergesellschaft, in Kontakt gesetzt. Wenn die Arbeiter irgendwann in «vier bis acht Wochen» anrücken, um den Bahnsteig aufzulassen, sollen die Säulen «schonend abgebaut» werden, damit man sie im Depot des Museums aufbewahren und der Nachwelt erhalten kann. Ausgestellt werden sie vorerst nicht. «Irgendwann sicher», sagt Breuninger, «aber bislang gibt es dafür keine konkreten Pläne.»

Und was wäre ohne sein Einschreiten passiert? «Die Teile wären in den Schrott gegangen», räumt der Abteilungsleiter im Museum unumwunden ein, nimmt seine Kollegen von Bahnbau aber auch in Schutz. «Da gelten eben andere Prioritäten. Wenn die jedes Mal schauen müssten, was erhaltenswert ist, wären sie noch nicht weit gekommen.»

Lothar Berthold von der Fürther Ortsgruppe des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) hört die Kunde nur zum Teil mit Freude. Zwar treibt ihn ebenfalls die Sorge um die «wertvollen schmiedeeisernen Unterbauten der Bahnsteigdächer» um, weswegen er Ende August auch einen Brief an die Bahn nach Berlin geschickt hat, der bis heute nicht beantwortet wurde. Allerdings hält er von einem Einlagern der Säulen nicht viel. «Eine Rettung hat doch nur Sinn, wenn sie an Ort und Stelle bleiben», sagt er.

Berthold würde den Abriss am liebsten komplett verhindern. Zumal der Bau zweier weiterer Gleise seiner Meinung nach völlig überflüssig ist. «Der Bahnhof hat doch schon acht Gleise, von denen nur sechs genutzt werden», sagt er. Der Abriss von Bahnsteig 1 würde in seinen Augen zu einem großen Qualitätsverlust für den Bahnhof führen. «Das ist der einzige Bahnsteig in Fürth, zu dem man barrierefrei gelangen kann», sagt er.

Am Ende, fürchtet er, werden nur noch Fotos vom Originalzustand zeugen. «Dann werden alle die Bilder anschauen und sagen: Schau, das war mal schee.» Es bleibe mal wieder nur die Erinnerung. Oder der Gang ins Museum.