Camp Hoffnung

28.7.2011, 11:19 Uhr
Camp Hoffnung

© Wolfgang Zink

Sven Neuhaus plauderte am Spielfeldrand entspannt mit Manager Rachid Azzouzi, mit Physiotherapeut Uwe Schellhammer, mit Mannschaftskapitän Thomas Kleine. Alles Kameraden aus seiner Zeit bei der SpVgg (2001 bis 2006). Der 33-jährige Torwart hatte seinen Einsatz schon am Vortag, beim 2:4 gegen Ingolstadt. In Fürth kamen andere Spieler aus dem Trainingscamp der Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) zum Zug. Am Ende entschied eine B-Elf der SpVgg diese nur phasenweise muntere Begegnung durch Tore von Stephan Vogler (42.) und Tayfun Pektürk (86.) mit 2:0 für sich.

Für die einen war es eine Trainingseinheit, für die anderen eine Bewerbung. Auch gestern könnte unter den circa 150 Zuschauern ein Scout gesessen haben, der noch einen Stürmer oder einen Linksverteidiger sucht.

Oder einen Torwart. Sven Neuhaus war von Fürth nach Augsburg gewechselt, hatte dort „drei schöne Jahre“ und folgte doch dem Ruf von RB Leipzig, einem Regionalligisten. Mit dem Geld des österreichischen Brause-Milliardärs Dietrich Mateschitz sollte ein Team aus ehemaligen Erst- und Zweitligspielern in die 3. Liga durchmarschieren. Trainingsbedingungen und Gehälter – „alles erstklassig“, sagt Neuhaus. Am Ende der vergangenen Saison war Leipzig aber nicht Erster, sondern Vierter. Dann kam der Schnitt. Von einem Tag auf den anderen feuerte Mateschitz Trainer Thomas Oral. Sportdirektor Thomas Linke nahm entnervt seinen Hut. Für die meisten Spieler war ebenfalls kein Platz mehr. Neuhaus blickt weniger enttäuscht als erstaunt zurück. „Ich bereue nichts.“ Er wirkt sogar ein bisschen fasziniert von der Kaltblütigkeit, mit der das Weltunternehmen Red Bull seine Ziele verfolgt.

Aber auch in anderen Vereinen werden Spieler schneller als früher aussortiert. 23 davon halten sich noch bis Freitag in einem Camp in Donaustauf fit. Unter Anleitung von Christian Wück üben mit Dennis Hillebrand (zuletzt RW Erfurt) und Manuel Hiemer (zuletzt Erzgebirge Aue) noch zwei weitere ehemalige Fürther. Prominenteste Teilnehmer sind Moses Sichone (früher 1. FC Köln), Christian Demirtas (früher Mainz05 und Karlsruher SC) sowie Nico Frommer (früher Eintracht Frankfurt). Nach Angaben der Spielergewerkschaft VdV, die 1987 unter anderem von der Fürther Trainer-Legende Benno Möhlmann aus der Taufe gehoben wurde, fanden in der Vergangenheit rund 80 Prozent der Camp-Teilnehmer neue Jobs.

Stefan Wessels, der ehemalige Bayern-Torhüter erhielt 2010 nach langem Warten ein Angebot von Odense BK. Wessels wechselte nach Dänemark, wurde Stammtorwart und Meisterschaftszweiter. Am Dienstag spielt er in der Champions-League-Qualifikation gegen Panathinaikos Athen.

Natürlich hofft auch Sven Neuhaus auf eine neue Chance, das aber sehr gelassen, spätestens seit er vor drei Wochen zum zweiten Mal Vater geworden ist. „Es gibt auch ein Leben nach dem Fußball.“